Leseprobe

57 Im Begleitband zur Ausstellung anlässlich des 875. Jubiläums der urkundlichen Ersterwähnung des locus kameniz dictus , der 2018 veröffentlicht wurde, konnten einige Spolien aus der romani- schen Bauphase des Benediktinerklosters St. Marien vorgestellt werden. 1 Zum Hintergrund: 1872 war derVerein für Chemnit- zer Geschichte gegründet worden. 2 Zu den Schwerpunkten sei- ner Arbeit zählten von Anfang an die Bergung und Präsentation von künstlerisch wertvollen Bauteilen, die aus zum Abbruch bestimmten Bürgerhäusern der Chemnitzer Innenstadt stamm- ten. Das früheste gedruckte Inventarverzeichnis von 1879 führt unter anderemWirtshauszeichen, Fenster- und Türgewände so- wie Ofenaufsätze an. Doch auch bei den vielfältigen Abbruch- und Umbauarbeiten auf dem Gelände des früheren Klosters und späteren Schlosses traten immer wieder Funde zutage, die Ein- gang in die Sammlung fanden. Das »gewichtigste« Stück ist da- Stefan Thiele Abb.1 Sogenanntes Löwenköpfchen, um 1160, Chemnitz, Schloßbergmuseum bei das Fragment einer kielbogenförmigen Nischenumrahmung aus der Zeit um 1500, die aufgrund der Wappendarstellungen als »Schleinitzscher Wimperg« bekannt geworden ist. 3 Zur allgemeinen baulichen Situation auf dem Schloßberg im 19. Jahrhundert ist Folgendes festzuhalten: Die Kirche als bedeu- tendsterTeil der ausgedehnten Anlage hatte zwar den Kahlschlag des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts überstanden, befand sich jedoch in desolatem Zustand und wurde nur teil- weise gottesdienstlich genutzt. Zwischen 1864 und 1875 erfuhr sie eine tief in den Bestand eingreifendeWiederherstellung nach den Prinzipien historistischer Denkmalpflegeauffassung, die mit dem Ausbau des im Mittelalter unvollendet gebliebenen West- turms nach Plänen von Gotthilf Ludwig Möckel 1897 beendet wurde. 4 Die beiden nach den vorangegangenen Abbruchmaß- nahmen einzig noch verbliebenen Flügel der Klausur im Osten und im Süden konnten erst zwischen 1929 und 1931 von ihrer entwürdigenden Fremdnutzung befreit und als Museum für Stadtgeschichte eingerichtet werden. Nach Plänen des Architek- ten und Denkmalpflegers Otto Rometsch aus Dresden sowie unter Leitung von Stadtbaurat Fred Otto erfuhr der Komplex eine schonende, auf die Herausarbeitung der verbliebenen baukünst- Löwenköpfchen und Mönchsgesicht. Zwei übersehene Fragmente romanischer Bauplastik aus dem Chemnitzer Benediktinerkloster

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