Leseprobe

69 Diese Größenordnung hätte Chemnitz (Abb. 5) auch erreichen können, wenn im 12. Jahrhundert die ganze Kirche fertiggestellt worden wäre.Aber es kam um 1160 nur zu einer Choranlage mit drei Apsiden. In den Nebenchören (Abb. 1), die im Mittelalter wie heute als Kapellen bezeichnet wurden, stand je einAltar. Die Kirchenpatrone Maria und die beiden Johannes verteilten sich jedoch nicht auf diese drei Altäre, sondern betrafen den Haupt­ altar. Dies zeigen dieWeihe-Erneuerung im Jahr 1499 sowie der Vergleich mit Hirsau und Bosau (Abb. 3 und 4). Mit Blick auf die im Spätmittelalter genannten Heiligen käme als Patron für die Seitenkapellen zum einen der Ordensvater Be- nedikt in Betracht, der 1499 zum Co-Patron des Hauptaltars wurde, zum anderen Laurentius, der im selben Jahr eine eigene Kapelle erhielt. In Hirsau und Bosau galt das Benediktus-Patro- zinium als das wichtigere, sein Altar müsste demnach in Chem- nitz in der nördlichen Seitenkapelle gestanden haben, die südli- che war die (ursprüngliche) Laurentiuskapelle. Bei den Hirsauer Kirchen war es fester Brauch, mindestens einen der Altäre dem Patron des Mutterklosters (oder eines, dem man viel verdankte) zu widmen. In Hirsau (Abb. 3) erinnerten Peter und Paul an Cluny, Aurelius an das ursprüngliche Kloster in Hirsau, und Emmeram an das Regensburger Kloster, aus demAbt Wilhelm von Hirsau stammte. In Bosau (Abb. 4) war der Peter- und-Paul-Altar die Reverenz an das Mutterkloster. Für Chemnitz wäre demzufolge an den Pegauer Patron Jakobus zu denken, vielleicht auch an Peter und Paul (Cluny, Hirsau und Königs­ lutter). Da im späten 12. Jahrhundert in der steinernen Ostpartie nur Platz für zwei Nebenaltäre war, wurden die beiden letztge- nannten Patrone für die Stadtkirche von Chemnitz bzw. für die frühe Dorfkirche vonAltchemnitz gewählt. 15 Auch für die beiden anderen frühen Kirchen gibt es Bezüge zu den Klosterstiftern: Die Kirche auf der Süpplingenburg, dem Stammsitz Lothars, war den beiden Johannes geweiht, während Nikolaus der Patron der Grabkapelle der Northeimer, also der Eltern Richenzas, war. Abb.4 Kloster Bosau (bei Zeitz): Lageplan mit Altären (um 1120) Abb.5 Kloster Chemnitz: Lageplan mit Altären und Bauphasen (12.–14. Jahrhundert)

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