Leseprobe

111 Die abschließende Frage, die Prof. em. Helmut Bräuer nach dem letzten Beitrag des Kolloquiums Ein Kloster zwischen König, Stadt und Markgraf in den Raum stellte, war die nach der »Macht« der Chemnitzer Benediktinerabtei: 1 Die Antworten auf den zentrals- tenAspekt der weltlichen feudalen Herrschaftspraxis des Klosters blieben seinerzeit vage und erschöpften sich in Aussagen über ein wirtschaftlich stabiles Klosterterritorium, 2 das sich im Klos- terneubau und den baulichen Planungen manifestierende Machtbewusstsein der Äbte oder im Ausdruck urkundlich ver- briefter Kaiser-, Königs- und Fürstengunst. Das sagte natürlich kaum etwas dazu aus, welche Rolle das Chemnitzer Kloster im territorialen oder gar im Reichsmaßstab im Ballett der feudalen Mächte zeit seiner Existenz gespielt hatte. Ohne dies freilich ex- plizit auszusprechen, griffen jedoch die aus den Kolloquiums- beiträgen hervorgegangenen Aufsätze, die schließlich im Epo- chenband Des Kaisers Kloster anlässlich des 875-jährigen Jubiläums der Ersterwähnung des locus kameniz dictus ihren Niederschlag Uwe Fiedler Abb.1 Heereszug , Hausbuch Schloss Wolfegg, fol.51/52 (Ausschnitt) fanden, verschiedene Einzelemanationen des ciceronischen Macht­ begriffs in dessen doppelter Perspektive von potestas [Amtsge- walt] und vor allem auctoritas im Sinne von Ansehen auf. 3 Tat- sächlich aber handelt es sich bei dem von Bräuer angesproche- nen Sachverhalt in Gänze nach wie vor um ein Desiderat. Weit entfernt nun davon, die Frage nach den beiden Aspekten von »Macht« umfassend klären zu wollen, will die vorliegende Miszelle einen bislang in der Forschung weitestgehend übersehe- nen Einzelaspekt, 4 der durchaus Licht auf die Amtsgewalt des Klosters zu werfen in der Lage ist, anhand der Quellen etwas näher beleuchten und zur Diskussion stellen. Es geht um einen Aspekt, den man sicher nicht a priori mit der primär »geistlich« wahr- genommenen Institution »Kloster« assoziieren würde, der ihr aber als Feudalinstitution grundsätzlich wesenseigen war: 5 Es geht um ihre militärische Leistungsfähigkeit, oder besser gesagt – denn es gibt im Chemnitzer Fall keinen Hinweis darauf, dass tatsächlich »Leistungs fähigkeit « je aktiv nachgewiesen werden musste – um ihr militärisches Potenzial. So spät sie einsetzen 6 und so spärlich die Quellen dazu auch sind, lassen sie doch beachtliche Quanti- täten erkennen. Es sind Quantitäten, derer sich nach Auflösung des Klosters die sächsischen Herrscher im Kontext der Konsoli- Die militärischen Aspekte der Herrschaftspraxis der Chemnitzer Benediktinerabtei

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