Leseprobe

16 Die Leuchtmittel waren wertvoll, weil sowohl die aufwendige Gewinnung der Rohstoffe als auch die Fertigung einen hohen Preis hatten. Das betraf Pflanzenöl und Talg- oder Unschlittlichter, besonders aber die Kerzen aus Bienenwachs. Letztere ersetzten schon im frühen Christentum bei rituellen Anlässen die Öllampen und symbolisierten in Kirchen am Altar in großer Fülle den Glanz des Himmels, womit die Gläubigen gleichnishaft und sinn- lich erlebbar aus der Finsternis zum Licht geführt wurden. Im höfischen Bereich diente eine verschwenderische Lichtfülle bei besonderen Anlässen der fürstlichen Selbstdarstellung, der repraesentatio maiestatis. Für diesen Zweck musste das Bienenwachs für die Kerzen gebleicht sein, was seinen Preis wegen des langwierigen Bleichvorgangs weiter erhöhte. Nach Erfindung der Paraffin- und Stearinkerzen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sanken zwar die Kosten für Kerzen, doch noch bis zur Ein- führung der Elektrifizierung gab es für den täglichen Bedarf auch Öllampen und Talglichter. Künstlichem Licht musste zwangsläufig viel Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit es weder unabsichtlich verlöschte noch Schaden anrichtete. Die Leuchtmittel Kienspäne Diese einfachsten Leuchtmittel, welche nur eine kurze Brenndauer hatten, waren dem Herdfeuer entnommene brennende Zweige oder Späne, die kurzzeitig ihre Umgebung beleuchten konnten. Es ist die wohl älteste Art einer auch transportablen künstlichen Beleuchtung, die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich war. 7 Hergestellt wurden die Kienspäne mit speziellen Werkzeugen (Abb. 2) aus sehr harzigem »kienigem« Holz wie Kiefer, Fichte oder Lärche. Das war mühsam, zeit- und kraftaufwendig. Kienspanhalter (Abb. 3) gab es in vielen Formen, das konnten einfache Gestelle zum Festklemmen sein, aber auch modellierte Köpfe von Menschen oder Tieren und vieles mehr. 2 Kienspan-Spaltwerkzeug Deutschland, 19. Jahrhundert Holz gesägt, gekerbt, Eisen gegossen, geschmiedet B 69 cm, T 4,3 cm Museum für Sächsische Volkskunst Dresden, Inv.-Nr. F 3385

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