Leseprobe

26 »Die grossen Herren haben auf ihren Schlössern mehrenteils ihre besondern Sähle und Tafel-Gemächer, die auf das prächtigste ausmeublieret, und zumahl bey Solennitäten mit sehr vielen Lustren, Girandolen, Chrystallinen Spiegeln, und dergleichen Wand­ leuchtern gezieret sind.« 37 Bedeutung Kronleuchter nehmen in einem Raum einen höchst prominenten Platz ein, der sie prädestiniert, durch ihre aufwendige Gestaltung repräsentative und symbolische Aufgaben zu übernehmen. In Kirchen konnten sie Objekte der Andacht sein, deren Dekoration Glaubensinhalte zur geistlichen Erleuch- tung vermittelte. Handelte es sich dabei um Stiftungen von Privatperso- nen, dienten sie der Erinnerung an den Anlass der Schenkung und an die Stifter selbst, welche zugleich zur Stiftung der benötigten Kerzen verpflich- tet waren. 38 Deren Licht illuminierte in beiden Fällen lediglich ihr Erschei- nungsbild. Im höfischen Bereich waren sie Kunstobjekte, die hinsichtlich ihrer Gestaltung und der verwendeten Materialien unübersehbar der Dar- stellung einer Standeswürde dienten. Die Menge der Kerzen demonstrierte dort den Wohlstand des Besitzers. Diese hohe Bedeutung erlangten sie spätestens mit der Verlagerung der höfischen Feste vom Außen- in den Innenraum und vom Tag in die Nacht ab etwa dem 15. Jahrhundert, was eine entsprechende Beleuchtung zwingend notwendig machte. 39 Die repräsentative Funktion blieb auch noch erhalten, als Anfang des 19. Jahrhunderts nach dem Adel auch das privilegierte Bürgertum Kron- leuchter erwerben konnte. Technische Innovationen und preisgünstigere Materialien sowie die Erfindung der Kerzen aus Stearin oder Paraffin mach- ten dies möglich. Selbst mit dem »Abstieg« der Kronleuchter vom Kunst- objekt zum einfachen, nur den Raum ausleuchtenden »Beleuchtungskör- per« 40 seit der Einführung des elektrischen Stroms waren und sind hän- gende Leuchter Einrichtungsgegenstände, die viel über ihre Besitzer aus- sagen können.

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