Leseprobe
60 Wie ihre Vorbilder bei Hofe dienten die erzgebirgischen Kronleuchter nicht dazu, den Raum zu beleuchten. Das war de facto gar nicht möglich. Auch eine Hängung inmitten einer der niedrigen erzgebirgischen Stuben war undenkbar und hätte zudem die Bewegungsfreiheit der Bewohner erheblich gestört. Als Festelemente waren sie jedoch ideal. Deshalb erhielten sie meist über dem Tisch ihren Platz, wo sie sich im Blickpunkt der ganzen Hausgemeinschaft befanden. Die ersten selbstgefertigten Weihnachtskronleuchter waren noch be leuchtete »Andachtsbilder«. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie zu unentbehrlichem Zubehör und später zu Requisiten der Weihnacht aus Tradition. Spätestens im 20. Jahrhundert entstand ihr Schmuck oft nicht mehr eigenhändig, er wurde in Auftrag gegeben oder war häufig Katalog- ware, die »man« verwendete, weil es Brauch war und dazugehörte oder weil er zur Verfügung stand. Die meisten Leuchter zeugen von Erfindungsreichtum, Geschicklichkeit und Beherrschung von Material und Techniken. Als Produkte der Volkskunst entziehen sie sich jeglicher Systematik. Deshalb wurden nachfolgend Grup- pen gebildet, in denen – geordnet nach Formen, Herkunft oder Symbolen – deren Hintergründe erläutert werden. 32 Spinne mit zwölf Kerzenarmen Gustav Louis Otto Arnsfeld, um 1930 Holz gedrechselt, geschnitzt und farbig gefasst, Metall H 65 cm, Dm 54 cm Museum für Sächsische Volkskunst Dresden, Inv.-Nr. G 8875 Diese klassische Spinne mit farbig gestaltetem Schaft hat in zwei Etagen je sechs Drahtarme mit Kerzentüllen. Die Zwischenarme tragen vom Herstel- ler gedrechselte und geschnitzte Krip- penfiguren; weiterer Schmuck sind gedrechselte und bronzierte Behänge in Glockenform.
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