Leseprobe
7755 land bislang an ausländischen, vorrangig italienischen, französischen und englischen Modellen orientiert, be gann diese Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhun- derts, sich nun ein Stück weit umzukehren.Die Arbeiten von Lenné und Pückler hatten weltweit für Aufmerksam- keit gesorgt. Zahlreiche interessierte Fachleute wie Laien nahmen die Schriften der deutschen Gartenarchi- tekten zur Kenntnis und besuchten in der Folge die in den verschiedensten Teilen von Deutschland entstan- denen Park- und Gartenanlagen, vor allem jedoch den Englischen Garten in München und die Parkanlagen von Wörlitz,Muskau und Branitz.Zum Kreis dieser Fachleute zählten auch US-Amerikaner.Dass die Schöpfungen von Sckell, Lenné, Pückler und anderen selbst in Nordame- rika auf Beachtung stießen, resultierte nicht zuletzt aus der zahlenmäßig bedeutenden deutschen Auswande- rung dorthin. Pückler und sein Werk fanden Eingang in die 1836er Ausgabe der 1829 erstmalig von Francis [Franz] Lieber (1800–1872)17 herausgegebenen Ency clopaedia Americana ,einer adaptierten Kopie des Brock haus-Konversationslexikons. Einige Zeit später, 1852, suchte und fand der renommierte deutsche Land- schaftsgärtner und -architekt Adolph Strauch (1822– 1883) seine erste Anstellung in Nordamerika, und zwar in der im Staat Ohio gelegenen Stadt Cincinnati, die in beträchtlichem Maß von deutschen Einwanderern geprägt war.18 Noch im gleichen Jahr wurde auf der Basis von Plänen Strauchs der städtische Mount Storm Park angelegt – zugleich das erste in einer ganzen Reihe von weiteren Parkprojekten, die Adolph Strauch in den folgenden Jahren in den Vereinigten Staaten umsetzen konnte. Tatsächlich sollten noch mehrere Jahre vergehen, bis auch amerikanische Gartenarchi- tekten auf Pückler und seine Gartenanlagen aufmerk- sam wurden. So verweisen in den 1870er Jahren erschienene amerikanische Enzyklopädien auf die Bedeutung der von ihm in Branitz und Muskau geschaf- fenen Anlagen sowie auf seine Schriften, insbesondere auf die Andeutungen über Landschaftsgärtnerei aus dem Jahr 1834.Nochmals rund 20 Jahre später, in den 1890er Jahren, setzte eine gezielte, professionelle Auseinan- dersetzung mit Pücklers Werk in den USA ein.Ursachen hierfür sind in den Gründungen der New England Park Association im Jahr 1898 und in der American Society of Landscape Architects ein Jahr später zu suchen. Einer der ersten Fachleute, die den Weg aus den Vereinigten Staaten nach Muskau fanden, war der Botaniker und Dendrologe John George Jack (1861–1949), der den Park 1891 im Rahmen einer Europareise aufsuchte. Jack hatte seine Berichte 1892 im US-Fachjournal Garden and Forest veröffentlicht und sich dabei begeistert von Pücklers Werk gezeigt.19 Es ist davon auszugehen,dass John George Jack die Reise und den Besuch in Muskau auf direkten Hinweis von Charles Sprague Sargent (1841–1927) hin unternahm, dem ersten Direktor des renommierten Bostoner Arnold-Arboretums, eines zur Harvard University gehörigen Herbariums und botani- schen Gartens.20 Gut möglich, dass der Botaniker Sar- gent Muskau selbst im Rahmen einer zwischen 1865 und 1868 absolvierten ausgedehnten Europareise auf- gesucht hat. Dass er in jedem Fall mit Pückler und des- sen Werk vertraut war,erschließt sich aus dem Umstand, dass sein langjähriger und engster Mitarbeiter Alfred Georg Rehder (1863–1949) ein Enkel von Jacob Hein- rich Rehder (1790–1852) gewesen ist, der zwischen 1818 und 1852 als Hofgärtner und »Park-Inspector« für Fürst Pückler in Muskau tätig war.21 Dessen Sohn Paul Julius Rehder (1833–1917), der Vater von Alfred Georg, war wiederum Hofgärtner bei Fürst Otto-Friedrich von Schönburg-Waldenburg (1819–1893) im westlich von Chemnitz an der Zwickauer Mulde gelegenen Städt- chen Waldenburg. Alfred Georg Rehder hatte vor seiner Amerikareise bereits zahlreiche Erfahrungen als Gärtner und Botaniker sammeln können und war unter anderem 1890 an der Einrichtung eines alpinen Versuchsgartens auf dem Gipfel des Brockens, dem »Brockengarten« beteiligt gewesen. Rehder gehörte seit 1895 dem Re daktionskollegium der in Erfurt erscheinenden Möllers deutscher Gartenzeitung an und wurde 1898 zunächst für ein halbes Jahr zu Studienzwecken in die USA ent- sandt.Aufgrund der vielfältigen beruflichen Möglichkei- ten, die sich ihm durch die Bekanntschaft mit Charles Sprague Sargent eröffneten,entschied sich Alfred Reh- der dafür, in den USA zu bleiben und hier fortan als Den- drologe zu arbeiten.22 4 The Cove, Central Park New York 3 Central Park, The Lake from the East Side
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