Leseprobe
187 tativen Gebäudekomplex, der zwischen 1902 und 1905 zur Ausführung gelangte, entwickelt der Dresdner Baurat Conrad Canzler (1853–1928),auf den auch das unweit gelegene Kreis- steueramt zurückging. Ihre städtebauliche Dominanz ver- dankte die Anlage vor allem der abwechslungsreichen Fassa- dengestaltung mit Risaliten und Erkern, der bewegten Dach- landschaft sowie demmächtigen, an einen Bergfried erinnern- den Turm. Die dem Grundstückszuschnitt folgende, asymmet- rische Gruppierung der einzelnen Gebäudetrakte sorgte für ein malerisches Architekturbild.Stilistisch orientierte sich Canzler an der bürgerlichen bzw. höfischen Baukunst des 16. Jahrhun- derts, wobei er auch Elemente des Jugendstils einfließen ließ. Im Inneren waren vor allem die Treppenhäuser sowie der große Sitzungssaal in repräsentativer Weise ausgestattet. Der Kom- plex brannte 1945 aus, die Ruine wurde in den folgenden Jah- ren abgebrochen. ST Lit.: Chemnitz in Wort und Bild. Festschrift zur Einweihung des Neuen Rathauses, Chemnitz 1911 (Neudr. 1991), S. 141 Objekt bislang unpubliziert 6 Max Felber Ansicht der Petrikirche Chemnitz, 1900 Aquarellierte Tuschezeichnung auf Karton · 170×97,5 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm006731 Das Blatt zeigt eine mit großem Fleiß und Akribie angefertigte Darstellung der Petrikirche (errichtet 1885–1888 nach Plänen von Hans Enger/Leipzig). Der Architekt orientierte sich streng an der französischen Kathedralgotik des 13. Jahrhunderts, allerdings in ihrer vor allem durch Viollet-le-Duc geprägten his- toristischen Interpretation und in Kombination mit Elementen der norddeutschen Backsteingotik. Die reiche architektoni- sche Behandlung des repräsentativen Kirchenbaus kommt mit allen baukünstlerischen Details (Muster der Dachdeckung, Fialen, Verglasung, Türbeschläge etc.) ausgezeichnet zur Gel- tung, ebenso die Wechselwirkung zwischen Sandstein- und Klinkermauerwerk,wobei letzteres durch die allzu exakte Wie- dergabe des Fugenschnitts ein wenig steif wirkt. In den Pro- portionen sind einzelne Bauglieder vergriffen. Erklärungs bedürftig ist darüber hinaus das Weglassen der kleinen gekup- pelten Spitzbogenfenster am Langhaus und den Querschiff- armen unterhalb der Emporenzone. Aus heutiger Sicht beach- tenswert sind die Angabe des Maßwerks in den großen Fens- terrosen sowie der ornamentale Schmuck im Laternenbereich des Hauptturms sowie des Dachreiters. Diese Details wurden bei den verschiedenen Instandsetzungsarbeiten vor allem in der Nachkriegszeit reduziert bzw. verändert. ST Objekt bislang unpubliziert 6
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