Leseprobe

196 Caspari und seiner Frau Anne Sophie, geb. Kuhn, in Chemnitz auf. Nach dem Tod des Vaters, als Gertrud Caspari als Erziehe- rin auf einem Landgut bei Dresden tätig war, fertigte sie Kunst- handwerk für ein Chemnitzer Geschäft. 1898 schloss sie ihre dreijährige Ausbildung als Zeichenlehrerin in Dresden ab.Wäh- rend einer langwierigen Krankheit entwarf sie ihr erstes Bilder- buch Das lebende Spielzeug , welches 1903 erschien und ihr große Aufmerksamkeit verschaffte. Seit der im Jahr 1906 mit Walther Caspari übernommenen Auftragsarbeit für den Leipzi- ger Lehrerverein veröffentlichte sie sämtliche eigenen Bilder- bücher beim Verlag Alfred Hahn in Leipzig. AK Lit.: Elena de F. Oliviera: Gertrud Caspari (1873–1948). Die »Bilderbuchtante«. Liebevolles für kleine Hände, in: Eva-Maria Bast/Elena de F. Oliviera/Melanie Kunze (Hrsg.): Dresdner Frauen, Dresden 2018, S.163–168, hier S.163; Klaus Gert­ oberens: Gertrud Caspari. Kinderbuch-Illustratorin, in: Sächsische Persönlichkeiten, Dresden [2011], S. 127; Tulga Beyerle/Klára Němečková/Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Hrsg.): Gegen die Unsichtbarkeit. Designerinnen der Deutschen Werkstätten Hellerau 1898 bis 1938,München [2019], S.184 20 Kunstgewerbeverein zu Chemnitz (Hrsg.) Sammelmappe »Chemnitzer Kunst und Kunstgewerbe 1909–1912« Mit Leinen bezogener Sammler und vier eingelegte Mappen Hersteller: J. C. F. Pickenhahn u. Sohn, Druckerei Chemnitz 34×26×7 cm (Sammler) Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm009368 Dieses Mappenwerk stellt in seiner Gesamtheit ein einzigar­ tiges Dokument Chemnitzer Geschichte dar. Die Stadt prä­ sentiert sich hier auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung in der Spätblüte des Kaiserreichs,aller- dings eingeschränkt aus der Perspektive des tonangebenden Bürgertums. Darstellungen der Lebensverhältnisse in von Mietskasernen geprägten Arbeitervierteln, wie dem Sonnen- berg, sind nicht enthalten. Herausgeber der Sammelmappe war der Chemnitzer Kunstge- werbeverein, eine der vielen derartigen Gemeinschaften, die in den 1870er und 1880er Jahren im Deutschen Kaiserreich ent- standen waren.Die Künstler,Architekten,Unternehmer,Gewer- betreibenden und interessierten Bürger, die sich hier zusam- menfanden, verfolgten das Ziel, ästhetische Bildung und »Geschmack« zu fördern und die städtebauliche Entwicklung zu beeinflussen. Gleichwohl ging es darum, neue Produkte angewandter Kunst und des Kunstgewerbes zu popularisieren und entsprechende Nachfrage zu stimulieren. Oft initiierten solche Vereine kunstgewerbliche Sammlungen von »Vorbil- dern« und waren an bereits bestehende oder in Gründung befindliche Museen angebunden.Die Chemnitzer Vereinigung entstand 1884 und unterstützte gemeinsam mit dem Verein Kunsthütte sowie dem Chemnitzer Verein für Geschichte den Bau eines repräsentativen städtischen Museums in der Innen- stadt. Mit der Eröffnung des König-Albert-Museums im Jahr 1909 erhielt der Kunstgewerbeverein dort eine Heimstatt, seine »Vorbildersammlung« bildete die Grundlage für den heu- tigen Textil- und Kunstgewerbestand der Kunstsammlungen Chemnitz. Für Mitglieder, aber auch die breite Öffentlichkeit brachte der Verein zu bestimmten Anlässen »Tätigkeitsberichte« in Form von Mappen heraus. Textbeiträge beschäftigten sich mit dem kunstgewerblichen Schaffen, aber auch mit kunsthistorischen Themen im lokalen Bezug; Hauptbestandteil waren jedoch Ein- zelblätter mit grafischen und fotografischen Abbildungen. Dazu gehörten Entwürfe für in der Diskussion befindliche Pro- jekte, in der Hauptsache dokumentierte man jedoch bereits 19

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