Leseprobe

204 25 Fa. Christian Fischer Porzellantablett Johanneum Chemnitz Pirkenhammer in Böhmen (heute Brezova, Tschechien), um 1860 Porzellan, bemalt und vergoldet · 30×31 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm004908 Der Spiegel des Tabletts zeigt das erste sogenannte Familien- haus des Chemnitzer Johanneums. Dieses war 1855 als »Ret- tungs- und Erziehungsanstalt« für »verwahrloste Kinder« durch Carl Christian Hübner, einem Chemnitzer Privatier und Textilunternehmer, gegründet worden. UF Objekt bislang unpubliziert 26 Prunkhumpen der Chemnitz Klempnerinnung mit Tablett Chemnitz, 1891 Zinkguss, versilbert, innen vergoldet, in Tablett eingravierte Widmung »Der Klempner-Innung zum 25Jahr- Jubiläum gewidmet von den vereinigten Innungen« GH 46 cm, Dm Tablett 38 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm004852 Trotz immer weiter zunehmender Industrieproduktion blieb das tradierte Handwerk ein wichtiger Pfeiler der Volkswirtschaft im Deutschen Kaiserreich. Es dominierte wesentlich den Dienst- leistungssektor oder bot im produktiven Bereich etwas, was industriell gefertigte Güter nicht oder nur selten aufwiesen: gediegene (»handwerkliche«) Qualität und Originalität. Es ist daher kaum verwunderlich, dass nach der Einführung der Gewerbefreiheit im Königreich Sachsen 1861 und der damit verbundenen Auflösung alter Strukturen,Kultur- und Organisa- tionsformen im Handwerk dieses rasch zu einem neuen Selbst- verständnis und Selbstbewusstsein fand: Dieses führte dazu, dass – zur Wahrung von Eigeninteressen gegenüber etwaiger Konkurrenz, aber auch als Ausdruck der eigenen Bedeutung – das alte Instrument der Innung eine – wenngleich auch den Erfordernissen der Gegenwart angepasste – Neubelebung erfuhr.Diese Rückbesinnung auf alte Traditionen führte gleich- falls zur Wiederbelebung zünftigen Brauchtums unter Einbe- ziehung alter Ritualgegenstände. Hier aber war den Innungen ein Problem entstanden, hatte man doch viele dieser Gegen- stände – Handwerksladen und -fahnen, Zunftzinn wie Will- komme oder Humpen etc. – im Zusammenhang mit der Auflö- sung der Zünfte vernichtet oder – wo vorhanden – an Museen und Sammlungen abgegeben. So entstand um die Jahrhun- dertwende bald ein regelrechter Markt für »historisches« Zunftzinn: Zinngießereien wie die Firma Weygang etwa fertig- ten Stücke nach alten Vorlagen und setzten auf Wunsch der Auftraggeber quellenbelegte Namen von Amtsträgern aus der Geschichte der jeweiligen Innung ein,um den Stücken Authen- tizität zu verleihen. Andere Firmen gingen andere Wege und fertigten Stücke, die in freier, wenngleich ebenfalls historisie- render Form dem Zeitgeschmack folgten, wie etwa beim vor- liegenden Jubiläumsstück der Chemnitzer Klempnerinnung in seinen neomanieristischen Formen. UF Objekt bislang unpubliziert 25

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