Leseprobe

9 Fotografie und Fotografen des Bergbaus im Döhlener Becken mit einer kurzen Einführung in die Anfänge der Bergbaufotografie Die Arbeit des Bergmanns fand seit jeher weitestgehend im Verborgenen statt. Nur wenigen war ein Blick in diese Arbeitswelt möglich. So muss es nicht wundern, dass sich zahlreiche Mythen und Sagen um den Bergmannsberuf rankten. Auch die deutsche Romantik griff dieses Motiv auf. Die Dichter beschrieben den Bergbau als seltene und geheimnisvolle Kunst zur Erschließung der geheimsten Schatzkammern der Natur. Frühe zeichnerische Darstellungen des untertägigen Bergbaus zeigten meist idealisierte beziehungsweise schematische Ansichten der Grubenanlagen. Der Freiberger Architekt und Hochschullehrer Eduard Heuchler1 lieferte mit seinen zwei zeichnerischen Mappen zum erzgebirgischen Bergbau in den Jahren 1855 und 1857 einen detaillierten Einblick in den Beruf des Bergmanns. Die Fotografie ermöglichte erstmals auch einem breiten Publikum einen realistische­ ren Blick in die Arbeitswelt des Bergmanns. Sie holte die dunklen, verborgenen Orte der bergmännischen Tätigkeit ins Licht der Öffentlichkeit. Dabei stellten die Arbeits­ stätten der Bergleute die Fotografen vor außergewöhnliche Herausforderungen: die Photographie – wörtlich übersetzt ›das Schreiben mit Licht‹ – erforderte eine aus­ reichende Menge Licht, der Arbeitsplatz des Bergmanns hingegen war dunkel. Schon früh gab es trotzdem Versuche der Fotografen, unterirdische Räume abbilden. Der französische Fotograf, Schriftsteller und Luftschiffer Nadar fertigte 1861/62 erste Fotos der Pariser Katakomben an. Er nutze dazu elektrisches Licht und setzte die Anlagen mit entsprechend gekleideten Schaufensterpuppen in Szene. Da die Katakomben ur­ sprünglich das Ergebnis untertägiger Werksteingewinnung waren, stellen die Aufnah­ men Nadars die ältesten Aufnahmen unterirdischer bergmännischer Hohlräume dar. Die ersten untertägigen Fotografien mit Magnesiumlicht fertigte der britische Fotograf Alfred Brothers 1865 in der Blue John Cavern im englischen Castleton an. Der Kanadier Charles Smeaton fertigte 1866 unter Verwendung von Magnesiumfackeln Bilder der Katakomben Roms an. Nur ein Jahr später fotografierte Timothy O’Sullivan bei seiner Dokumentationsreise durch den amerikanischen Westen Bergleute bei ihrer Arbeit in den rund 275 Meter tiefen Goldbergwerken in Virginia City/Nevada. O’Sullivan beleuchtete die untertägigen Anlagen für seine Fotos durch das Abbrennen von Magne­ siumdrähten. Seine Stereoaufnahmen fanden in Amerika weite Verbreitung, vermittel­ ten sie doch ein realitätsnahes Bild der Landschaft und der Menschen des ›Wilden Westens‹. Qualitativ hochwertige untertägige Bergbaufotos gelangen dem amerikani­ schen Fotografen George Bretz 1884 in der Kohinoor Mine in Shenandoah/Pennsylvania. Unterstützt durch die Werksleitung der Grube konnte Bretz die untertägigen Räume mit starken elektrischen Lampen ausleuchten. Auch der bekannte russische Fotograf Karl August Fischer fertigte bereits 1888 untertägige Aufnahmen des Salzbergwerkes von Ilezk an. 1 Eduard Heuchler (1801–1879) studierte von 1820 bis 1823 an der Bergakademie Freiberg und anschließend Bauwissenschaften in Dresden und Karlsruhe. Ab 1829 arbeitete er als Lehrer und ab 1844 als Professor an der Frei- berger Bergakademie. Besonders bekannt sind seine zwei Bildmappen über das Bergmannsleben: Heuchler, 1855 und Heuchler, 1857.

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