Leseprobe
185 – 29 Zit. bei Imiela 1968, S. 240. – 30 Slevogt war teilweise mit der Druckqualität unzufrieden, und schließ- lich gab es noch Honorar- bzw. Abrech- nungsstreitigkeiten mit Cassirer. Der Faust in der Buchausgabe kostete 1930 882 Mark. – 31 Vgl. Der Cicerone , 18. Jg. 1926, S. 31. – 32 Gesundheitlich ging es Slevogt in dieser Zeit nicht gut. Er spürte das Älterwerden, und aufgrund von Krankheit musste die Arbeit an dem großen Projekt immer wieder pausieren. war es seine umfangreichste und wohl auch inhaltlich kom- plexeste grafische Schöpfung: 510 Lithografien, elf Radierun- gen und zahllose Vorzeichnun- gen. 1926 zeichnete er sich humorvoll als Flüchtenden, der von einer gigantischen Faust/dem gigantischen Faust verfolgt wird. 30 Die Kritik an seinem großen Illustrationswerk fiel nicht durchweg positiv aus. Erneut wurde bemängelt, dass sich der Künstler nicht dem Dichter unterworfen habe. So schrieb Der Cicerone nach der ersten Lieferung 1926 , der Wurf sei nicht wirklich gelungen, »weil die Wucht des Dichter- worts, die gedankliche Goethes Faust 1918 hatte Paul Cassirer Sle- vogt vorgeschlagen, die beiden Teile von Goethes Faust in ei- ner kleinen Bilderauswahl von 24 Lithografien zu illustrieren, aber erst 1924 nahm sich Sle- vogt des Projekts in veränder- ter Form an. Mit Bruno Cassirer einigte er sich auf eine Aus- gabe des zweiten Faust -Teils, die sowohl lithografische Randzeichnungen und Umrah- mungen als auch eingedruckte Radierungen umfassen sollte. Bei den Lithografien arbeitete er mit Feder und Kreide. Die Technik der Radierung hatte er in seinem Spätwerk wieder neu für sich entdeckt. Er schrieb darüber in einem Brief an Bruno Cassirer: »In letzten Zei- ten aber beschäftigt mich’s alt- gebrauchtes, früher von mir glatt verachtetes mir dienstbar zu machen […] ich versuche, dem allgemeinen Fluch der Il- lustratoren, der Wiederholung – nicht in der Erfindung, aber in der technischen Ausdrucks- weise einigermaßen zu entge- hen!« 29 Für Faust arbeitete Slevogt zu- dem stärker als sonst an einer formalen Verknüpfung von Text und Bild. Das Dekorative/Orna- mentale schließt an die Rand- zeichnungen zur Zauberflöte (Kat. 38) an. Bei einigen Seiten verbinden sich zudem Illustra- tion und bühnenartige räumli- che Darstellung. Im Dezember 1924 hatte Sle- vogt schon fast alle Radierun- gen zum zweiten Faust -Teil fertiggestellt. Mit Vollendung Ein großer Aufwand schmählich! Ist vertan – Detail – Kat. 115 – Großartigkeit nirgends auf genommen ist […].« 31 Dies scheint heute nicht gerecht, denn in seinen Bildern verbinden sich in Anlehnung an den Text Dichtung, Mythos, Geschichte und Vision. Hinzu kommen Anspielungen auf kunstgeschichtliche Vorbilder und eine spannende Psycho- logisierung der Figuren durch den Künstler, aber auch Über- tragung der Dichtung auf die eigene Lebenssituation und Verfassung. 32 Hiermit ging Sle- vogt über die reine Illustration hinaus. – KR
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