Leseprobe

Gottfried Kohls zeichnerisches Werk 93 Auge gefasst haben konnte. Dabei unterstützte ihn sein Kunsterzieher im Gymnasium Albertinum, der Maler und Grafiker Helmut Rudolph, der ein wichtiges Vorbild für ihn gewesen ist. 209 Über das Studium der menschlichen Figur hinaus zeichnete Kohl auch nach mittelalterlichen Skulpturen und Epitaphien, die er den Sammlungen der Kunstgewerbeschule entnahm, aber vergleichbar auch im Freiberger Dom und in der Sammlung des Stadtmuseums vor Augen hatte. Schließlich entstanden einige Landschaften auf einer Reise nach Ostpreußen im Jahr 1938 ge­ meinsammit seinem Freund Horst Morgenstern [Abb. 43], darunter zwei Ansichten des Danziger Hafens, von denen eine merkwürdigerweise 1934 datiert ist, sowie die eines deutschen Dorfes an der Wolga. Die Blätter, die in ihrem Duktus an Werke des Freiberger Lehrers Helmut Rudolph erinnern, 210 sind bis an die Ränder von dichterem Liniengefüge überzogen, das stellenweise noch unsicher und spannungsarm wirkt. Als Kohl zurWehrmacht einberufen wurde, bedeutete dies das Ende seiner künstlerischen Aus- bildung; aus dem geplanten Studium an der Münchener Kunstakademie wurde nichts. Doch setzte er sein Selbststudium in den kommenden Jahren unter ungewohnten Bedingungen fort. Auch wenn die Ergebnisse zumeist einen etwas unpersönlichen Ausdruck tragen, mag Kohl mit dem Fortführen der Zeichenstudien für ein Kontinuum in seinem Leben gesorgt haben, mit dem er individuelle Begabung und künstlerische Ziele unter schwierigen äußeren Bedingungen weiterhin behauptete.

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