82 Alltag Tamilische Küche Der tägliche Rhythmus der Mahlzeiten wird oft durch die Feste unterbrochen, die alle Religionsgemeinschaften auf eigene Weise feiern. Jeder dieser glücksverheißenden Tage verlangt nach besonderen kulinarischen Komponenten. Die Rezepte dafür sind oft aufwändig und werden mit teuren Zutaten wie Ney (Butterschmalz) oder Trockenfrüchten zubereitet. Gleichzeitig ist Essen nicht nur eine kulinarische Komponente solcher Feste, sondern auch Teil von Ritualen, in denen es den Göttern geopfert wird, indem man es ihnen als Speise serviert (im Viṣṇuismus) oder sie damit übergießt (im Śivaismus). Essen tritt auch aus den Göttern als Gnadengabe (Tamil: Piracatam) hervor und kehrt so zu den Gläubigen zurück, die ihm reinigende, glückverheißende und gesundheitsfördernde Eigenschaften zuschreiben. Auch Familien, die keine Vegetarier sind, essen nicht täglich Fleisch oder Fisch. Eine Ausnahme sind Fischerfamilien, für die Fisch und Meeresfrüchte zum Alltag gehören, und muslimische Familien, bei denen auf tägliche Fleischmahlzeiten besonderer Wert gelegt wird. Für die meisten Menschen ist der Gruß mit der Frage verbunden, was man gegessen hat. Muslim*innen und Christ*innen erwähnen oft stolz, dass sie Fleisch gegessen haben, besonders, wenn sie einer ärmeren Familie angehören. Bei Hindu-Familien, die keine Vegetarier sind, gibt es Fleisch, auch aus Kostengründen, vor allem sonntags und, falls etwas übrigbleibt, auch noch am Montag. Der sonntägliche Fleischverzehr zeigt sich auch in der Stadt, wo es dann vor den Metzgereien lange Schlangen gibt. Der Verzehr von Blattgemüse, Kirāy, wird oft als Ersatz für Fleisch angesehen, kann aber, je nach sozialer Gruppe, auch durch Ei oder Trockenfisch ergänzt oder mit diesem zusammen zubereitet werden. Kirāy können angebaut oder wild sein, aus Gärten oder dem Gartenbau-Gürtel der Í 6 Gemüsemarkt. Foto: SITA-Kulturzentrum, Pondicherry. Í 5 Kirāy Blattgemüse: Arai, Siru, Murukatan, Manta, Kali, Moulei. Foto: SITA-Kulturzentrum, Pondicherry.
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