Leseprobe
144 fordernd erscheinen lassen. Darüber hinaus no- tierte er allerdings auch Buchtitel, Adressen und Telefonnummern. Durch sie wird eine präzisere Datierung möglich. Die drei Blöcke Wie bereits frühere Autoren herausgearbeitet ha- ben, sind die Skizzen(-blöcke) Hans Arps nicht Vor- studien für nachfolgende dreidimensionale oder druckgrafische Werke.9 Laut Stefanie Poley lässt sich nur in Ausnahmefällen ein direktes, einander bedingendes formales und chronologisches Ver- hältnis zwischen abgeschlossenen Werken und den Skizzen herstellen.10 Dass sich in ihnen etwas ganz Eigenständiges ereignet, obwohl Arp immer wie- der an seinen Formenkanon anknüpft, wird nach- folgend gezeigt werden. Selbst wenn sie quantita- tiv im Gesamtwerk des Künstlers am Rande stehen mögen, sind sie für eine Einsicht in seine Seh- und Schaffensweise bedeutend. Vorausgesetzt wird hier, dass Hans Arp seine Skizzenblöcke ohne längere zeitliche Pausen füllte, dass er einen Block begann und – seinem vielbe- schriebenen schnellen Arbeitstempo gemäß – zü- gig an dessen natürliches Ende gelangte. Die Skizzen und Einträge im »Blauen Block« sind im Oktober 1958 entstanden. Der Block steht unter dem Stern »New York«. Vom 8. Oktober bis zum 30. November des Jahres zeigte das Museum of Modern Art eine große Retrospektive Hans Arps mit 113 Werken: Papierarbeiten, Reliefs und Skulp- Abb. 2 Hans Arp, der »Block«, Stiftung Arp e.V., Berlin/Rolandswerth (Inv.-Nr. 003.886) Abb. 3 Hans Arp, der »Blaue Block«, Stiftung Arp e.V., Berlin/Rolandswerth (Inv.-Nr. 003.885) der Liste in Einklang bringen – wenngleich negativ formuliert, ist also immerhin gesichert festzustel- len: Sie sind 1976 nicht als Teil des »Drucklegungs«- Konvoluts aus Locarno nach Deutschland gelangt. Die hier zum Ausdruck kommenden Unsicher- heiten bei Datierungsfragen innerhalb der Samm- lungsgeschichte erstrecken sich auch auf die drei Blöcke selbst. Die Dokumentation des Vereins gibt an: »Grüner Block, ca. 1953« (Inv.-Nr. 003.887, Abb. 1 ), »Block, ca. 1954 und später« (Inv.-Nr. 003.886, Abb. 2 ) und »Blauer Block, ca. 1958/59« (Inv.-Nr. 003.885, Abb. 3 ). Worauf diese Datierungen basieren und wer sie vorgenommen hat, ist unklar, womöglich waren es Marguerite Arp-Hagenbach und ihre Mitarbeiterin Greta Ströh im Zuge einer Inventur des Nachlasses. Auf der Deckelinnenseite des »Grünen Blocks« ist »ca. 1960« notiert worden – und fordert die Datierung »ca. 1953« damit heraus. Doch nicht allein diese Bleistiftnotiz auf dem De- ckel lässt die bestehenden Datierungen hinterfra- gen. Es sind vor allem die Inhalte der Blöcke, wenn auch bedingt: Die Skizzen fügen sich motivisch und formal scheinbar nahtlos in das zeichnerische, grafische, auch skulpturale Werk des Künstlers und ebenfalls in den Kontext der Skizzenblöcke in Locarno ein. Auch in den Berliner Blöcken suchte Arp, seine »klassischen« Reliefformen zu varian- tenreichen Konstellationen zusammenzufügen. Er zeichnete Linienstrukturen und Gesichter, weibli- che Akte und Grotesken. Weil diese Motive immer wieder in den 1950er- bis 1960er-Jahren im Werk Hans Arps auftauchen, sind sie keine verlässlichen Datierungshilfen. Sie bestätigen letztlich die Kon- tinuität, mit der der Künstler seinen Formenkanon verwendete und die eine Chronologie so heraus-
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