Leseprobe

Zur Entstehungsgeschichtedes Retabels 27 »Das yetzig schreiben hab ich vernomenn mit dem messen send recht. Unnd wie ewer gnad schreibt des alltars halbenn mit den bogenn unnd marbelstaineseilen, was den altar antrifft. under­ halb der taffel. wollt ich yetzt zumal lassenn ansteen. mein sun. wirt auff die vasten. hinein zu dem Churfursten etlich stück stain hinein fuern, wollt ich meinen sun zu ewern gf. schicken, die seülen und annders. zu dem altar. unnd was egf. habenn wollt, so mag es recht abgefusiert [abgestimmt?] werden.« 20 (Abb. 24) Nach Kenntnis der gewünschten Retabelgröße beabsichtig- te demnach Adolf Daucher nun die alsbaldige Herstellung des Stipes’. Zur Abstimmung noch offener Detailfragen zum Altar und dem weiteren gewünschten Bildwerk will der Meister seinen Sohn, der einen Bildwerktransport nach Kur- sachsen (Wittenberg) vornehmen werde, anschließend zum Herzog nach Sachsen schicken. In der Literatur ist zu dieser Ankündigung Dauchers viel diskutiert worden. Geklärt hat sich in den vergangenen Jahren, dass es sich bei dem Trans- port für den sächsischen Kurfürsten um die beiden Standfi- guren Friedrichs und Johanns in ewiger Anbetung für die Wittenberger Schlosskirche gehandelt haben dürfte. 21 Dass mit »mein sun« Hans Daucher gemeint war, ist mit Sicher- heit anzunehmen. 22 Allerdings trifft die gern wiederholte Begründung, dass schließlich nur er die Visierung vorlegen und mit dem Fürsten abstimmen konnte, nicht zu. Die Vi- sierung mit den Größenmaßen lag nämlich bereits vor. So ließ Adolf Daucher dem sächsischen Fürsten über Jakob Fugger am 12. Dezember 1519 weiterhin mitteilen: »Unnd demnach EFG vor geschriben hat mitsampt der visue­ rung, unnd ich nit wissenn künnt, bis ich die lennge des alltars hett. Nun hab ich das maß unnd wirt das werkh ettwas groß und hat die maynung, das ich an sollichem werkh mag woll vordienen. Sibenhundert gulden, wo ich die ballierten pilder. nur alls dickh von stain soll machenn, alls des churfursten sind, nur zwaier finger dickh. Aber alls es ain groß werkh wirt, so bedorffenn die pilder inn den mitlen korper ainer span dieff sein, die proffeten unnd könig einer Zwerch hand dickh. Auff sollich maynung tausennt guld. Ich drawet sy auch zumachenn, das ich wollt xv hundert guld darann vordiennen […] .« 23 Von wessen Hand die erwähnte Visierung des Altars nach den ikonographischen Vorgaben des sächsischen Herzogs stammte, kann nicht eindeutig gesagt werden. Wahrschein- lich hatte Adolf Daucher eine von ihm selbst oder von sei- nem Sohn gefertigte Entwurfszeichnung dem Fürsten über- mittelt, die – mit Maßen versehen – nach Augsburg zurück- geschickt wurde. Offenbar blieben dabei aber noch einige Fragen offen. Die Gründe für die angekündigte Reise des Daucher- Sohnes nach Sachsen betrafen jedenfalls nicht die generelle Abstimmung der Altar-Visierung, sondern vermutlich noch offene Detailfragen zum Altarblock vor Ort und sicherlich auch zu dem erwähnten anderen Bildwerk für den Fürsten. Vor allem benötigte Adolf Daucher eine klare Angabe zur gewünschten Relieftiefe des Altarretabels, welche für die veranschlagten Gesamtkosten von erheblicher Bedeutung war. Eine Antwort des Herzogs und die endgültige Beauf- Abb. 25 Albrecht Dürer, Bildnis Jakob Fugger der Reiche, um 1520, Tüchleinmalerei, 69,4 × 53 cm, Bayerische Staats­ gemäldesammlungen, Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg 20 Ebenda, fol. 145a. Das dem Brief Fuggers beigelegte Schreiben wurde vermutlich nach dem Diktat Adolf Dauchers im Kontor Jakob Fuggers aufgesetzt. Die Deutung des Wortes »abgefusiert« ist unsicher. 21 Kiesewetter 2020, S. 221–234. 22 Adolf Daucher hatte zwei Söhne. Der ältere Sohn Adolf weilte nach neueren Erkenntnissen von 1514 bis 1520 in Kursachsen und arbeitete im Auftrag Friedrichs des Weisen als Tischlermeister (siehe Kiesewetter 2020, S. 227 f.). 23 SächsSTA-D, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10373/04, Österreichisches Schuldverzeichnis 1520 ff, fol. 145a. Von Interesse sind auch die hier nebenbei erwähnten Flachreliefs, die – nach neueren Quellenfunden – Hans Daucher im Oktober 1518 Kurfürst Friedrich dem Weisen nach Wittenberg geliefert hatte (siehe Neugebauer 2020, S. 360). Sehr wahrscheinlich han- delte es sich um das aus mehreren Flachreliefs zusammengesetz- te Steinbildwerk in der Wittenberger Schlosskirche, welches 1760 in einer Radierung von Johann David Schleuen (1711–1774) skizzenhaft wiedergegeben ist. Bellmann 1979, S. 251 vermutete bereits die Herkunft des heute verlorenen Steinbildwerks aus Augsburg.

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