Die Figuren des Künstlers weben sich gleichsam durch sein gesamtes Schaffen: Zweidimensional in Zeichnungen und Illustrationen oder dreidimensional in seinen Porzellanen tauchen seine Charaktere wiederholt auf. Mal wird seine Illustration zur Porzellanfigur, mal lässt er eine Figur auf seinem Opernvorhang wieder auftreten. Der »Auftritt« selbst ist auch ein typisches, wiederkehrendes Gestaltungsmittel bei Scheurich. Mit Körperspannung, Gesten und Mimik schickt er seine Figuren wie auf einer Bühne in den Dialog mit den Betrachtenden. Scheurichs Schaffen als Porzellankünstler war lebenslang aufs Engste verwoben mit der Biografie Max Adolf Pfeiffers. Der visionäre Keramik-Fachmann leitete und beriet verschiedene Porzellan-Manufakturen. Er arbeitete zeitlebens daran, den Werkstoff Porzellan als künstlerischen Werkstoff zu etablieren. Pfeiffer erkannte früh Paul Scheurichs Talent für Porzellangestaltung. Er beauftragte den Künstler gern und unterstützte ihn und seine Familie auch während langer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Künstlers durch Modellankäufe. Einige seltene Bronzefiguren ergänzten die im Mittelpunkt stehenden Porzellane. Viele der gezeigten Objekte stammen aus privaten Sammlungen von Scheurichs Zeitgenossen, wie dem früheren Meissener Direktor Wolfgang Müller von Baczko, einem ehemaligen Schüler Pfeiffers. Baczko hatte Scheurich schon als Leiter der Karlsruher Majolika-Manufaktur beauftragt. In der Zeit des Nationalsozialismus und unter wirtschaftlichem Druck produzierte von Baczko bei Meissen Modelle Scheurichs. Dafür suchte er auch außerhalb Sachsens anerkannte Fürsprecher. Einblick in das sorgsame Taktieren gab eine Hörstation in der Ausstellung. Die Abschriften der Archivdokumente sind im Anhang des Katalogs ergänzt. Porzellan verzaubert, so auch Paul Scheurich selbst, der rückblickend schrieb: »Hätte ich all die Schwierigkeiten und heimlichen Tücken der Feinkeramik vorher gekannt, hätte ich vielleicht die Hände davon gelassen. Aber man fängt so an, will nachher das Spiel nicht aufgeben, gewinnt Interesse, kommt auch hinter manche Sachen, und schließlich, einmal daran gewöhnt, läßt man ungern davon«. Susanne Bochmann, Kuratorin 7
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