Leseprobe

25 Die New York School of Poetry verdankt ihren Namen John Bernard Myers, einem der Gründer der Tibor-de-Nagy-Galerie in New York. 2 Er wies damit auf die künstlerische und persönliche Nähe der Gruppe zu den Künstlerinnen und Künstlern der New York School of Painting hin, zu der unter anderem Helen Frankenthaler, Jane Freilicher, Grace Hartigan, Jackson Pollock, Fairfield Porter oder Larry Rivers gerechnet werden, deren Schaffen zum Teil mit dem Abstrakten Expressionismus verbunden wird. Sardines and Oranges: Frank O’Haras Why I Am Not a Painter Vielleicht die intensivste Beziehung zur bildenden Kunst hatte unter den Dichterinnen und Dichtern der New York School Frank O’Hara. Nicht ohne Grund trägt eine der einschlägigen literaturwissenschaftlichen Monografien zu ihm den Titel Frank O’Hara. Poet Among Painters (1977) , 3 also „Frank O’Hara, Dichter unter Malerinnen und Malern“. O’Hara verdiente sich seinen Lebensunterhalt vornehm- lich im Kunstkontext, arbeitete sich zum Kurator des New Yorker Museum of Modern Art hoch und war zudem als Kunstkritiker tätig, hauptsächlich für die Zeitschrift ART news. In vielen seiner Gedichte finden sich Referenzen auf zentrale Akteurinnen und Akteure der US -amerikanischen Kunstszene der 1950er und 1960er Jahre, sei es durch Widmungen, durch lyrisch-apostrophische Adressierung oder durch die schlichte Erwähnung ihrer Namen im Text. Zudem arbeitete O’Hara häufig mit bilden­ den Künstlerinnen und Künstlern zusammen, insbesondere mit Joe Brainard und Larry Rivers ∕Abb.15 . Umgekehrt finden sich in Werken der bildenden Kunst wieder- holt Verweise auf O’Hara und seine Arbeit, zum Beispiel in Jasper Johns’ Lithografie Skin with O’Hara Poem ∕Abb.12, S. 19 . In dem Gedicht Why I Am Not a Painter (1957; Warum ich kein Maler bin ) von Frank O’Hara werden die Arbeitsprozesse eines Dichters und eines Malers nebeneinander, untereinander sowie letztlich miteinander in Beziehung gesetzt, als parallel verlaufende und sich dann immer wieder kreuzende, aber keineswegs gegen- läufige Bewegungen ∕ vgl. hierzu auch Abb. 16, Folgeseite . „I am not a painter, I am a poet“ beginnt das Gedicht, und die Parallelsetzung von Maler und Dichter erzeugt trotz der Verneinung des einen den Eindruck der Nähe von Malerei und Dichtung. Noch nicht einmal eine Konjunktion trennt beide Begriffe voneinander. Abb. 15 Larry Rivers, O’Hara Reading, 1967 Zwei Farblithografien, zerschnitten und collagiert, 702 × 832 mm (Darstellung), The Art Institute of Chicago

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1