Leseprobe

183 Mit den genannten durchschnittlichen Abmessungen und der steten Verwendung dieses Formats war Bellotto Vorreiter für eine heute äußerst gängige Bildgröße. Setzt man die Bild- höhe mit der Bildbreite ins Verhältnis, so ergibt sich ein Wert von 1:1,75, was nahezu exakt dem uns heute vertrauten 16:9-Kinoformat entspricht.5 Auch die kleinere Wiederholung, die in Dresden vom sogenannten Canaletto-Blick vorhanden ist, entspricht diesem Format­ verhältnis. Was Bellotto eher intuitiv vorweggenommen hat, war, dass das menschliche Sicht- feld eher einem Breitbildformat entspricht und damit in idealer Weise dem Charakter seiner Panoramaansichten entgegenkommt.6 Als Beleg für die Aufteilung des Bildes im Format 16:9 ist das Gemälde Der Altmarkt in Dresden von der Seegasse aus (Abb. 1) zu nennen. Hier kamen mit der Firnisabnahme Linien und Markierungen mit einem weißen Zeichenmaterial zutage, die sich auf der fertiggestellten Bildoberfläche befinden und sich während der Bearbeitung zu Andeutungen eines aufgezeichneten und nummerierten Quadrierungsnetzes zusammen- fügten.7 Dementsprechend wurde das gesamte Gemälde in exakt gleiche Quadrate unterteilt. Entlang der unteren und der linken Kante sind diese Quadrate durchnummeriert, horizontal von eins bis 16 und vertikal von eins bis neun. Nach dem Firnissen verschwinden diese Zei- chenspuren wieder und können dann nur noch erahnt werden. Obwohl wir hier von einem Standardformat sprechen, hat keines der Bilder einheitliche, übereinstimmende Maße. Dass es zu den individuellen Abweichungen der einzelnen Darstellungen untereinander kam, lag vermutlich an der wenig standardisierten Arbeitsweise dieser Zeit. Abb. 1 BERNARDO BELLOTTO Der Altmarkt in Dresden von der Seegasse aus , um 1750/51 Öl auf Leinwand, 137 × 239 cm Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 615.

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