Leseprobe
50 ihm lernen zu können. In den Skizzenbüchern kann man gut nachvollziehen, wie La Cour um Corots Land- schaftsästhetik herumschleicht, mehrere Skizzen nach dessen Bildern anfertigt – doch macht er ebenso Zeichnungen »efter Daubigny«. Deutlich versucht er, die französischen Landschafter en gros zu knacken [ ABB. 22, 23 ] . La Cour observiert auch andere Genres, lobt etwa die Tiermalerin Rosa Bonheur, vor allem aber den Historienmaler Paul Delaroche, letzteren aus einem interessanten Grund: Dieser habe nicht die gloire , den Ruhm Frankreichs besungen, also rein nationalistisch gemalt, sondern ein viel größeres und wichtigeres Motiv der Geschichte aufgegriffen, nämlich das harte Leben des Menschen. Auch Claude Joseph Vernet lobt La Cour später genau deswegen: Vernet male nicht Staatsverherrlichung, sondern Menschenschicksale! 20 Es gibt die Anekdote – apropos Malerei und Erfahrung –, Vernet habe sich an den Mast eines Schiffes binden lassen, um besser Sturm malen zu können. Ob La Cour das gewusst hat? Vernets grandiosen Brief über Land- schaftsmalerei, 1817 publiziert, hat er jedenfalls ziem- lich sicher nicht gekannt. 21 Aber hier geht es bei La Cour tatsächlich einmal nicht um Natur und Landschaft. Hier zeigt der Men- schenscheue seine soziale demokratische Seite. In einem Brief an Vetter Johannes, den jütländischen Pfarrer, vertieft er das noch. 22 Seine ganz subjektive und vernichtende Einschätzung französischer Histori- enmalerei ist so faszinierend, weil sie ihn nicht nur als einen fortschrittlich denkenden Menschen zeigt. Zudem mündet sie in ein unbewusstes Credo für seine
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