Leseprobe
198 Die meisten La Cour’schen Gemälde, vor allem die großen, haben ein überzeugendes Finish, da gibt es nichts Lockeres, Offenes, Unfertiges. Sie sind der Triumph der Festlegung über die Improvisation, ganz ähnlich erinnert auch Joakim Skovgaard die »Meisterschaft in der Ausführung«. Viele Maler hätten Angst davor, »den leichten Pinselstrich zu verlieren, die Anmut der Farbe bei ihrem ersten Glanz auf der Leinwand«, darum würden sie ihre Bilder ungern zu Ende bringen. Nicht aber La Cour: »Von der großen Ausstellung der Arbeiten la Cours im letzten Jahr [wahrscheinlich die Ausstellung der Forening for national Kunst 1907] erinnere ich, wie all diese mannhaft ausgeführten Bilder im Gegensatz zu […] vielen Werken heutiger Kunst so fest, so monumental dastanden.« 36 Man sagt, die Idee des seriellen Malens habe sich im 19.Jahrhundert am Unfertigen, Unvollendeten entzündet. Das Hauptwerk muss immer Einzigartigkeit und Abgeschlossenheit suggerieren, die Studie darf andeuten, dass es unendlich viele Variationsmög lichkeiten gibt. Bei La Cour sieht man, dass das nicht unbedingt so sein muss . Seine Bilder sind absolut léché , sind »wie geleckt«. Selbst wenn es unbearbei- tete Stellen auf der Leinwand gibt oder, wie oft der ZumGesamtwerk Fall, wilde und unstrukturierte – beispielsweise die ruppige Düne von 1887 [ ABB. 91 ] –, wirken die Bilder selten offen, egal ob Studie oder Hauptgemälde. Aber dafür bleibt das Gesamtwerk flexibel, ist immer offen für eine neue Variante. Jedes einzelne Bild, jede Variante und Wiederholung eines Motivs ist für La Cour und sein Werk wichtig. Es ist keine direkte Äußerung von ihm dazu bekannt, doch das Gespür für ein Gesamtwerk, in dem Zeichnungen, Studien und Gemälde zusammen- kommen, scheint es bei La Cour durchaus zu geben. Sein serielles Arbeiten, die Wiederholungen, die prominente Studienausstellung 1901 und auch, dass er in der Korrespondenz mit dem Grossisten Heinrich Hirschsprung einmal nicht richtig zwischen Studie und Gemälde unterscheiden kann oder will: All das deutet auf eine flache Hierarchie innerhalb seiner Arbeiten hin. Zumal man das Gefühl bekommt, der Künstler wolle dem Mäzen möglichst gar nichts ver- kaufen. Gerade bei den Studien ziert sich La Cour. Oder sollte das ein Verkaufstrick sein? Kaum vorstell- bar, wenn man La Cours Charakter kennt. Plausibler ist, dass es ihm schwerfällt, sich von den Studien zu trennen. Sie gehören nicht zu seinem Werk, sie sind das Werk [ ABB. 101 ] .
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