Leseprobe

46 Die Fotobücher der 1970er Jahre 149 Dieselbe Aufnahme ist noch einmal im Tafelteil abgebildet, diesmal allerdings in einem minimal nach links verschobenen Ausschnitt; vgl. Adams 1970: 10 und 31. 150 In Ferrils Vorwort heißt es: »I have written extensively on the effects of landscape on the mind« (Adams 1970: 5). 151 Die topische Identifikation der angloamerikanischen Besiedlung des Landes mit der biblischen Heilsgeschichte wird offenkundig, wenn Robert Adams das biblische Geschehen hier buchstäblich in die Great Plains verlegt. 152 Vgl. Merchant 2003: 12–20 (wie Anm. 90). 153 Vgl. ebd.: 12 (wie Anm. 90). Camp Lutheran Church in Genoa, einer der vielen schlichten weißen Holzkirchen, umfangen von einem weiten Stück Prärie im Vordergrund und dem Himmel darüber (vgl. Abb. 7).149 Damit überblendet er Sprach- und Bilderzählung miteinander. Der Kirchenbau erscheint als bildliche Entsprechung – wenn nicht gar als Verkörperung – der beschworenen »Herrlichkeit des Herrn«. So verstärkt Adams die im Sprachtext angelegte Identifikation von Bibelspruch und Landschaft mit den Mitteln des Bildes. Das erste Kapitel des von Robert Adams verfassten Essays beginnt mit einer lyrischen Beschreibung der Prärie, ihrer Flora und Fauna und der jahreszeitlich wechselnden Farben: »The land is extreme. It can be rich, with soil nearly as black as Iowa’s, and can yield crops almost as heavy. Even untilled it is often verdant; in season thousands of acres of blooming sunflowers are a common sight [...] It is a mistake, however, to concentrate upon the earth when describing the plains.The sky is what defines them« (Adams 1970: 11). Diese Zeilen sind der eben genannten Ansicht der Walk’s Camp Lutheran Church in Genoa auf einer Doppelseite gegenübergestellt. Ähnlich der Kombination von North of Keota mit der Clyde-Stanley-Episode vermischt Robert Adams hier die Beschreibung der Landschaft mit deren Interpretation, eine Praxis, die er im Verlauf seines Schaffens zum Prinzip erheben wird. Prägend für die Landschaft und ihre Bewohner sei die Weite des Himmels und der oft kräftige, raue Wind: »To know this landscape is to know of those who came to it, both as it called them and as it formed them once they arrived. It is to see their hope, as some placed their houses, despite the wind, for the view. It is to understand their quietness, learned as they bore the isolation, and to respect their practicality, a form of humility. Most of all, it is to know the strength of their faith, for many loved this country that was to others empty« (Adams 1970: 12). Genau wieThomas Hornsby Ferril identifiziert also auch Robert Adams den Naturraum und seine Bewohner miteinander und unterlegt dieser vermeintlichen Symbiose einen gleichermaßen religiös wie patriotisch gefärbten Subtext. Ähnlich der Clyde-Stanley-Episode attestiert er den Bewohnern der Great Plains »Demut«, »Glaubensstärke« und eine Liebe zur neu gefundenen Heimat.150 Folgerichtig betont auch Adams zum Abschluss des ersten Kapitels die Symbolhaftigkeit der Kirchenbauten für Land und Leute: »The churches reflect the land and the people« (Adams 1970: 12).Die Geschichte der euro-amerikanischen Besiedlung des Westens unterlegt er so mit einer religiösen Deutung, die in einem Bibelvers aus dem Alten Testament gipfelt, der das Motto des Essays aus dem dritten Kapitel des Buches Ezechiel wieder aufgreift: »And the hand of the Lord was there upon me; and he said unto me, Arise, go forth into the plain,

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1