Leseprobe

140 Die Fotobücher der 1970er Jahre 417 Laut Jenkins bezeichnet Frank Gohlke den Effekt eines »passive frame« als charakteristisch für die Arbeiten der New Topographics, »rather than the pictures having been created by the frame, there is a sense of the frame having been laid on an existing scene without interpreting it very much« ( Jenkins 1975b: 5). Nach Einschätzung des Verfassers trifft diese Form der Rahmung auf den überwiegenden Teil der in Rochester ausgestellten Fotografien allerdings nicht zu. Vielmehr wird das Motiv auf vielen Bildern frontal mittig ins Bild gesetzt; vgl. z.B. Salvesen 2009 a: 87, 95 und 97. Gohlke selbst operiert in vielen seiner Bilder jedoch tatsächlich mit diesem Effekt, wobei die Passivität nur eine Umschreibung dieser durchaus bewussten bildnerischen Entscheidung, z.B. eines unkonventionellen Anschnitts oder einer unproportionalen Betonung des Vordergrunds, sein kann. Matthias Weiß spricht in diesem Zusammenhang vom »Inszenierungsziel Authentizität« (Weiß 2010: 50). 418 Weinberg konstatiert angesichts des passive framing und der Alltäglichkeit der Motive, es sei »difficult to ascertain the subject or know if there is a subject at all« (Weinberg 1996: 177). 419 Vgl. Bazin 2004 [o. J.]: 225–226. 420 Agotai 2012: 60. 421 Das Spannungsfeld zwischen fiktionaler und topografischer Landschaft (oder anders formuliert: zwischen der Landschaft und ihrem fotografischen Abbild) beschäftigt Robert Adams im Verlauf seines Schaffens immer wieder. Das markanteste Beispiel hierfür ist wohl das Fotobuch Listening to the River (Adams 1994 a), in dem er je drei von einem geringfügig verschobenen Kamerastandpunkt aufgenommene Landschaftsansichten miteinander kombiniert; vgl. Adams 2011 (3): 108. 422 Köhler 1983: 4. Das bestimmende Bildmuster in From the Missouri West ist das passive framing.417 Die vermeintlich zufällige Wahl des Bildausschnitts steht in deutlichem Kontrast zur statischen, streng geometrischen Ordnung vieler Aufnahmen in The New West. Robert Adams hatte dieses Prinzip bereits in einigen Aufnahmen zu Denver angewandt. In From the Missouri West aber wird es zum Charakteristikum, so etwa in der Fotografie Development road through cedars, Pueblo County, Colorado (Abb. 66, links), der Ansicht eines staubigen Abhangs mit mehreren, kreuz und quer über die Bildfläche verteilten Zedernbüschen. Eine ordnende Struktur ist nicht zu erkennen.Viele der Büsche sind vom Bildrand abgeschnitten. Die Horizontlinie liegt knapp unter dem oberen Bildrand. Im Vordergrund ragt der Schatten einer Zeder ins Bild.418 Ähnliches gilt für die Fotografie Abandoned car, Carbon County,Wyoming (Abb. 67, links).Während die Komposition an der Unterkante des Bildes und an dessen linkem Rand durch schattige Passagen und das Profil des Terrains noch ein wenig Halt findet, läuft sie auf der rechten Seite einfach aus.Die Neigung der Kamera Richtung Boden verschiebt die Horizontlinie unmittelbar unter den oberen Bildrand. André Bazin unterscheidet mit Blick auf die Gestaltung des filmischen Raums zwischen »cache« und »cadre«.Gemälde definiert er als »cadre«, das heißt als nach außen durch Repoussoir-Motive und Rahmung abgeschlossene Einheiten, das Filmbild hin67 Robert Adams From the Missouri West, 1980 Aperture 63 Seiten, 24,1 × 29 cm Doppelseite 32/33

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