141 The Contemporary West – From the Missouri West gegen als »cache«, als abkaschierten Ausschnitt der Wirklichkeit.419 Dazu merkt Agotai an: »Beim cache wird die Kadrierung als bewegliche Maske gelesen, die über ein größeres Raumkontinuum hinweggleitet und stets auf eine Weiterführung des Handlungsraums jenseits der Bildfeldbegrenzung verweist. Beim cadre rahmt die Kadrierung den Bildraum und stellt ihn als geschlossenes System dar.«420 Auf das Werk von Robert Adams angewendet, bedeutet dies: In The New West arbeitet der Autorenfotograf mit »cadres«, in Denver und From the Missouri West hingegen mit »caches«.Der dynamischeren Bildkomposition steht in den späteren Büchern allerdings eine noch immer relativ statische Buchgestaltung gegenüber – auch wenn das starre Gestaltungsprinzip eines Einzelbilds gegenüber einer Vakatseite in Denver teilweise aufgebrochen ist. Der Verweis des »cache« über die »Bildfeldbegrenzung« hinaus richtet sich zumindest im Fall von Robert Adams’ Fotobüchern meines Erachtens nicht nur auf den von Agotai benannten »Handlungsraum«. Er zielt zugleich auf eine andere narratologische Ebene, nämlich die extradiegetische Mise-en-scène, die topografische Landschaft. Das passive framing erfüllt dabei zwei verschiedene Funktionen. Erstens sorgt es für die Illusion eines Raum-Zeit-Kontinuums auf der Ebene der Reiseerzählung, als wohnte der Leser einer Reise durch die Landschaft bei. Zweitens dient es der Verankerung der Erzählung und damit der fiktionalen Landschaft in der Topografie, indem es die Aufmerksamkeit auf den Raum außerhalb des Bildes und auf die enge Verknüpfung der fiktionalen mit der topografischen Landschaft lenkt.421 Damit trägt es maßgeblich zur Konstruktion eines überzeugenden Erinnerungsraums bei. Das fragliche Bildmuster bewirkt außerdem den Eindruck, die Ordnung der Natur offenbare sich dem Betrachter ohne Einwirkung des Fotografen. In The NewWest hatte Robert Adams der Landschaft die Ordnung noch durch geometrisch reduzierte Bildfindungen übergestülpt. In Denver und From the Missouri West hingegen inszeniert er sie subtiler, leitet sie stärker aus der Topografie selbst ab. Ein wichtiger Nebeneffekt des passive framing besteht darin, dass die Einzelbilder durch die kompositorische Öffnung an Eigenständigkeit und Bedeutung verlieren. Sie werden gleichsam durchlässiger im Hinblick auf das vorhergehende und das folgende Bild in der Mehrbildfolge. Die Kombination aus unspektakulären Motiven und dem Konzept des passive framing führt zu stillen, unprätentiösen Bildern. Robert Adams äußert dazu: »I try not to make boring pictures. What I do try to make are pictures that are muted and demand a second look.«422 Robert Adams hat diese Art der Bildkomposition aus seinem Studium der US-amerikanischen Fotogeschichte abgeleitet. Von Paul Strand stammten der Verzicht auf ein bestimmtes, klar zu identifizierendes, mittig angeordnetes Hauptmotiv und der Grund-
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