Leseprobe

14 Prolog Bernhard Sterra Die Motivation, in der seit 2011 bestehenden Reihe der Dresdner Fachtagungen zur Denkmalpflege ein auf den ersten Blick gattungsspezifisch recht eingeengtes Sujet zum Thema zu machen, nährt sich aus unterschiedlichen Quellen. Sie erwuchs zunächst dem Umstand, dass die Landeshauptstadt Dresden als Eigentümerin eines monumentalen Wandbildes der 1970er Jahre schlicht in der Pflicht stand, dieses einer Zukunftsfähigkeit zuzuführen – auch wenn sich dieses Pflichtgefühl, von Denkmalpflegenden und anderen Enthusiasten ausgehend, erst auf andere entscheidende Stellen übertragen musste. Das Mosaik mit dem Titel Mutter und Kind, das der Künstler Siegfried Schade für einen zehngeschossigen Plattenbau der Großsiedlung Dresden-Prohlis entwarf und ausführte (Abb. 1), hatte bis in die jüngere Gegenwart das Schicksal einer zunehmenden Dekonstruktion erfahren müssen: Kurz vor dem im Zuge des Stadtumbaus Ost geplanten Abbruch des Zehngeschossers im Jahr 2007 war das monumentale Kunstwerk unter Denkmalschutz gestellt worden. Es folgte sein geordneter Abbau und die – allerdings ungeschützte – Deponierung auf einem städtischen Bauhof (Abb. 2). Hatte schon zuvor mangelnde Instandhaltung zu einem signifikanten Schadensbild geführt, so wurde dies durch die neue Lagerung im Laufe der Zeit erheblich umfänglicher und dramatischer. Der zerlegte Zustand des über 270 qm großen Bildwerkes regte Fantasien – auch zu einer semantischen Dekonstruktion und Transformation – an, die immerhin zu einer etwas größeren öffentlichen Aufmerksamkeit führten. Dass sich nun im Jahr 2022 das Wandbild in einem fortgeschrittenen Stadium der Restaurierung befindet (siehe Beitrag von Sterra und Heinze in diesem Band), ist das Ergebnis eines vielschichtigen Prozesses, bei dem restauratorische Untersuchungen, zunehmende öffentliche Wahrnehmung und der wachsende Wille seitens der Verwaltung, das bildkünstlerische Werk als Zeitzeugnis von singulärem Wert zu überliefern, in der Summe zu einer Dynamik geführt haben, die ab einem gewissen Punkt unumkehrbar war. Das Zusammenwirken vieler Beteiligter – bei denen natürlich auch öffentliche Fördergeber und -geberinnen nicht unerwähnt bleiben dürfen – rechtfertigt es gegenwärtig, den Prozess mit dem Finale einer Wiederanbringung an vergleichbarem Ort optimistisch zu sehen. Von ganz entscheidender Bedeutung war und ist in diesem Prozess die kompetente und erfahrene Mitwirkung des Restaurierungsateliers Dyroff aus Schmiedeberg. Klaus-Peter und Anna Dyroff haben das Mosaik von den Stahlbetonplatten getrennt, das Kunstwerk auf diese Weise gesichert und restaurieren es nun im Auftrag der Landeshauptstadt Dresden. Sie haben auch den Gedanken einer deutschen

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