Leseprobe

32 Rainer W. Leonhardt Mosaiken der Macht aus Berlin für die Welt Die Geschichte der Berliner Mosaikfabrik Puhl & Wagner 1883 gründeten der Kaufmann August Wagner (1866–1952) und der Dekorationsmaler WilhelmWiegmann (1851–1920) in Berlin eine Firma für dekorative Malerei. Die Bauherren der Gründerzeit verlangten nach dekorativem Schmuck für ihre neuen Gebäude, sowohl für die Innenräume als auch an den Fassaden. Es fand eine Abkehr von den in verschiedenenWeißtönen gefassten Hausfassaden der Schinkel-Schule statt. Nur gab es bei den Farbfassungen an den Außenfassaden das Problem der mangelhaften Haltbarkeit der zur Verfügung stehenden Farben. Wagner und Wiegmann suchten eine Dekorationsform, die repräsentative, witterungsbeständige und bildhafte Motive im Außenbereich ermöglichte, und kamen dabei fast zwangsläufig auf das Mosaik. Wagner und Wiegmann kannten die wenigen in Berlin angebrachten Mosaiken an Außenfassaden. So das 1873 nach Vorlage von Anton von Werner an der Berliner Siegessäule und die im darauffolgenden Jahr am Pringsheim’schen Palais angebrachten (ebenfalls nach Anton von Werner) wie auch die 1882 fertiggestellten Mosaiken am Königlichen Kunstgewerbe Museum (heute Martin-Gropius-Bau). Alle diese Mosaiken waren von dem venezianischen Mosaizisten Antonio Salviati ausgeführt worden. Wagner und Wiegmann war nicht entgangen, welche Resonanz die für Berlin neuartigen Verzierungen von Gebäudefassaden hervorgerufen hatten. Vor allem um die Fassadengestaltung des von den Architekten Gustav Ebe und Julius Benda von 1872 bis 1874 errichteten Wohnhauses des Eisenbahnunternehmers Rudolf Pringsheim gab es in Berlin kontroverse Diskussionen. Nicht die Mosaiken selbst erregten Unmut, sondern die für die Zeit ungewöhnliche Farbigkeit des Gebäudes. Über einem braunen Sandsteinsockel waren gemusterte Fliesen aus Mettlach angebracht, die Fenster und Türgewände mit mehrfarbig glasierten Terrakottaprofilen aus der March’schen Tonwarenfabrik einfassten, und unter der Traufe befand sich der Mosaikfries. Es war vermutlich das erste Wohnhaus mit einer Mosaikfassade in Berlin.1

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