Leseprobe

36 Mosaiken und keramische Wandflächen im Blick zurück kaiserlichen Großvater dienende Bildprogramm umfasste die für Wilhelm II. wesentlichen staatspolitischen Gedanken – das Gottesgnadentum, die Verbindung zwischen Thron und Altar – und die Erinnerung an den Sieg gegen Frankreich 1871, der das zweite Kaiserreich erst ermöglicht hatte, und an dessen Gründer, Wilhelm I. Die Mosaiken zeigen in dem heute noch erhaltenen Teil der Kirchenruine in der Mitte Christus als Weltenherrscher und darunter an der Ostseite den Fürstenfries mit den Hohenzollernherrschern von Kurfürst Friedrich I. bis zum Kronprinzen Friedrich Wilhelm. »Die Mosaiken der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurden zum künstlerischen Inbegriff des Kaiserreiches und zum Symbol wilhelminischer Ästhetik.«3 NachdemWilhelm II. 1900 das Unternehmen erstmalig besucht hatte, erhielt es von ihm den Auftrag, die Mosaiken für den Überbau des Altars in der Abteikirche Maria Laach nach einem Entwurf von August Oetken auszuführen. Ebenfalls nach einem Entwurf Oetkens erfolgte die Mosaikausstattung der Elisabeth-Kemenate auf der Wartburg mit Motiven aus dem Leben der hl. Elisabeth (Abb. 4). Auftraggeber war wiederumWilhelm II., der diese Arbeit seinem Großonkel, dem Großherzog von Sachsen-Weimar Wilhelm Ernst, zum Geschenk machte. Den raschen Aufstieg der Firma, 1900 waren gerade 17 Jahre seit Gründung und 13 Jahre seit der Präsentation der ersten Mosaiken vergangen, verdankten sie vor allem den Aufträgen des Evangelischen Kirchenbauvereins, der der Firma auf Betreiben Wilhelms II. zahlreiche Aufträge übertrug. »Die Vorliebe des Kaisers hatte Signalwirkung. Sei es, um ihre Zugehörigkeit zu den höchsten Gesellschaftskreisen zur Schau zu tragen, sei es, um ihre Loyalität zum Kaiserhaus zu zeigen, oder schlicht aus Freude am elitären Luxus eiferten vor allem die Angehörigen des Großbürgertums der Prachtliebe ihres Herrschers nach.«4 4 Glasmosaiken im neobyzantinischen Stil in der Elisabeth-Kemenate der Wartburg in Eisenach

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