104 Mosaiken und keramische Wandflächen der Nachkriegsmoderne in Deutschland geometrische Formationen hell hervor, die neben anderen Farben dann dominant das Blau und Gelb der Fassadenkeramik aufgreifen.5 Die ungegenständliche, streng geometrische Abstraktion zeigt eine Nähe zur konstruktivistischen Tradition.6 Wie schon mit dem Bau der Bibliothek die Gestaltungsweisen des Neuen Bauens der 1920er Jahre aufgegriffen wurden, suchte man auch mit dem Fakultätsgebäude, dem unmittelbar benachbarten Kasernenbau der NS-Zeit das demokratische Bauen einer europäischen, deutsch-französisch ausgerichteten Bildungsstätte wirkungsvoll gegenüberzustellen. Die keramischen Wandflächen am Außenbau – in gestalterischer Großform die gefliesten Gefache der Rasterfassade und als Kunst am Bau im Wandelgang – tragen dabei vor allem in schmückender Funktion zur architektonischen Qualität des Baus bei. Damit ist eine Facette der keramischen Wandflächen angesprochen. Für die Kunst im öffentlichen Raum allgemein konstatiert hierzu Christoph Wagner: »Diejenigen Kunstwerke, die auf eine rein formale oder farbliche Bereicherung des öffentlichen Raumes in dekorativer Absicht zielen, ohne eine funktionale oder thematische Beziehung zu den örtlichen Gegebenheiten aufzubauen, haben die Kunst im öffentlichen Raum in der Vergangenheit am ehesten in Misskredit gebracht« – allerdings nicht immer zu Recht, wie die »überzeugende« Wandgestaltung von Huschens belege. Gleichwohl sei die Gefahr, dass »die in dekorativer Absicht im öffentlichen Raum platzierte Kunst das Paradigma der autonomen Kunst, dem sie ihre Herkunft verdankt, durch ihre latente formale und geistige Beziehungslosigkeit zur umgebenden Lebenswelt diskreditiert, in der Regel größer, als bei Kunstwerken, die auch eine funktionale oder thematische Beziehung zu dem Ort aufnehmen«.7 Dies kann – mit Blick auf den Tagungskontext – ebenso für architekturbezogene keramische Wandflächen und Mosaiken gelten. Im Folgenden werden solcherart Beispiele mit thematischer bzw. funktionaler Beziehung zum Ort vorgestellt. Wandmosaik des hl. Christophorus in Neunkirchen Von weitem sichtbar befindet sich an zentraler Stelle der Kreisstadt Neunkirchen, an der zumMarienplatz weisenden Seite eines Wohn- und Geschäftshauses der 1950er Jahre, ein über drei Geschosse geführtes monumentales Wandmosaik mit der Darstellung des hl. Christophorus.8 Gestiftet hat es 1960 die Gemeinde der unmittelbar benachbarten katholischen Pfarrkirche St. Marien, ausgeführt der einheimische Künstler Ferdinand Selgrad, der ab den 1950er Jahren vor allem im Saarland zahlreiche Glasfenster und Wandgestaltungen an und in Kirchen, Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden schuf (Abb. 2).9 Als große Gestalt mit Christus auf den Schultern folgt die Darstellung der Tradition der Christophorus-Ikonografie. Mit der Weltkugel in den Händen erscheint Christus dabei als Herr der Welt. Christophorus, mit kurzem, weißem Untergewand und rotem Umhang, steht barfuß im Wasser. Als Stütze hält er einen dünnen Baumstamm, aus dem Blätter sprießen. Eingerahmt wird das Bild von Lisenen sowie Erdgeschoss- und Dachgesims, jeweils weiß gefasst. Die Farbigkeit des Glasmosaiks ist zurückhaltend. Grau- und Weißtöne, vor allem für die Körper und Gewänder, herrschen vor. Hinzu kommen kleine Flächen und Linien in Blau, Rot und Braun sowie
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