280 Sylvia Lemke Die weibliche Seite der baugebundenen Keramik Vom Yin und Yang in der Kunst der DDR »Künstler sind eigentlich männlich«, schrieb Irene Below in ihrem Beitrag für die 1991 veröffentlichte Publikation Frauen Kunst Pädagogik.1 Sie fasste in dieser These provokant eine überholte Haltung zusammen und gab damit der Beobachtung des Ungleichgewichts von männlichen und weiblichen Kunstschaffenden einen Namen. Ihre Besprechung der Geschlechterspezifik des Künstlerberufs bewegte sich im Zeitgeist der auslaufenden 1980er Jahre, als Kritik am Sozialismus in der Kunst laut wurde. Im Dezember 1989 schlossen sich in Dresden 23 Künstlerinnen zur Dresdner Sezession 89 zusammen2 und erinnerten namentlich ganz bewusst an die Dresdner Sezession – Gruppe 1919. Sie wollten nicht nur ein streitbares Pendant zu Künstlergruppen schaffen, denen bisher meist nur Männer angehörten. Auch riefen sie dazu auf, das Frauenbild des Sozialismus zu erkennen und es zu hinterfragen. Dass die Dresdner Sezession 89 bis zum Ende dieser Zustände3 bestehen sollte, markierte unmissverständlich das Ziel, etwas zu ändern. Gemeint sind natürlich zurückliegende Zeiten, in denen es notwendig erschien, sich in Künstlerinnengruppen zusammenzuraufen, um der männlichen Dominanz in der Domäne etwas entgegenzusetzen. Heute ist das alles – noch ganz genauso? Das Spektrum der Urban Art, der meist auftragslosen Schwesterdisziplin der baugebundenen Kunst im öffentlichen Raum,4 weist heute ebenfalls einen sehr viel höheren männlichen Anteil an Künstlern auf. Zwar ist für diese Differenz aktuell eine Rückläufigkeit zu beobachten, wie beispielsweise die Liste der Teilnehmenden an der Ausstellung der Ibug – Festival für Urbane Kunst 2021 in Flöha aufzeigt,5 aber trotzdem ist noch immer ein Ungleichgewicht zu beobachten. Deshalb ist die Thematik auch nach mehr als 170 Jahren Frauenbewegung noch interessant und wichtig.
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