Leseprobe

285 Abstraktion in expressiver Farbigkeit landschaftliche und naturverbundene Formen. Damit kommt die Künstlerin der abstrahierten Wandfläche ihrer Genossenschaftskollegen sehr nahe, ohne aber den künstlerischen Unikatprozess ihrer Arbeiten zu verlassen. Auch die 1933 geborene Erika Liebig absolvierte nach dem Studium an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste ein Abendstudium der Keramik bei Otto Gerhard Müller. Ihre freischaffende Tätigkeit als Keramikerin präsentierte sie in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen, bei denen sie sich jedoch im kleinformatigen Bereich der Plastik und in der Formgestaltung bewegte.17 Die Realisierung ihres Wandbilds in einem Kindergarten unter Betreuung durch das BfaK Dresden ist bisher noch nicht vollständig belegt worden. Barbara Sammler, Jahrgang 1941,18 absolvierte ihr Studium zur Keramikerin ebenfalls an der Burg Giebichenstein in Halle an der Saale und schuf vornehmlich Geschirr. Davon bildete ihr keramisches Wandbild zum Thema Assoziative Landschaft mit etwa 4 qm Fläche eine Ausnahme. Alle drei Œuvres unterstreichen die beiden Annahmen, dass weibliche Keramikkunst häufig im plastischen bzw. formgestalterischen Umfeld zu finden war, wo sich die Kunst mit der Arbeitstätigkeit verbinden ließ, und dass sie sich wesentlich von den großformatigen Arbeiten der meisten männlichen Kollegen unterschied. Zwar gab es auch unter männlichen Keramikern figürlich arbeitende Künstler, wie z.B. Reiner Tischendorf, Lothar Sell und Dieter Graupner, der zuweilen mit Bärbel Schulz gemeinsam tätig war, doch abstrakte oder gar seriell hergestellte keramische Wandbilder kamen unter den Künstlerinnen im Bezirk Dresden nicht vor. Großformatige Mosaik-, Fliesen- oder Strukturwände schienen demnach eine rein männlich dominierte Gattung gewesen zu sein. Eine Begründung dafür liegt in der Herstellungstechnik. Die bereits in der Antike verwendete Technik des Mosaizierens, traditionell in Stein ausgeführt, bedurfte sicherlich bereits einer gewissen Organisation zur Gewinnung der zahlreichen Steinchen. Die Ablösung der Natursteine durch Keramik von Ton bis Porzellan und handgefertigter Elemente, zunächst in Form von Fliesen, später 4 Fragmente aus Siegfried Schade, Familie, 1977, Keramikmosaik, mehrfarbig glasiert, ehem. Giebelwand in Dresden-Prohlis, Kunstfonds Inv.-Nr. B 37/77, eingelagert

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