Leseprobe

357 7 Stepan Kirichenko, Nadiya Klein, Ein ukrainisches Lied, Giebelfassadengestaltung des ursprünglichen Hotels im Kiewer Stadtzentrum, 1967 Funktionale und ideologische Aufgaben des Mosaiks Von Anfang 1960 bis Ende 1990 wurden die Mosaikarbeiten massenhaft für die Außen- und Innenräume der Gesellschaftsbauten eingesetzt. Die Platzierung der Werke spielte eine ausschlaggebende Rolle für ihre Motive. Das heißt: Die Funktion des Gebäudes bestimmte häufig das Thema seiner Mosaiken. Z.B. erhielten Gesundheitsbauten eine Darstellung von Ärzten oder von medizinischer Symbolik. Die Szenen des sportlichen Wettbewerbs finden sich oft auf den Bauten für Beherbergung und Sport. Ähnlich oft werden Themen des Festtages, der Gastfreundschaft oder der Natur an den Gebäuden für Handel und Gastronomie dargestellt (Abb. 5). Die Schulfassaden wurden zeittypisch mit Mosaikbildern von Pionieren oder Büchern versehen (Abb. 6), genauso wie Theatergebäude mit Masken oder Tanzmotiven geschmückt wurden. Aus diesem Konvolut lassen sich die Aufgaben des Mediums klar definieren: dekorative und informative (oder navigierende). Dadurch lässt sich u.a. eine gewisse Narrativität der sowjetischen Mosaiken erklären. Allerdings waren im Kontext der sowjetischen Politik Propaganda und sowjetische Erziehung die Hauptaufgaben jeglicher Kunst. Hier muss angemerkt werden, dass die Themen der reinen Agitation sofort nach der Oktoberrevolution 1917 auftraten. Im Gegensatz, die Mosaiken der 1970er bis 1980er Jahre enthielten schon deutlich weniger agitatorische Züge und auch weniger kommunistische Symbolik, weniger Abbildungen der politischen Führer. Nichtsdestoweniger sollte baubezogene Kunst

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