Leseprobe

42 Antonie Thawka Brandeis (1868–1945) wurde am 25. März 1868 in Hamburg als Tochter der sansibarischen Prinzessin Emily Salme, geborene bint Sa’id AlSa’id (1844–1924), und des Kaufmanns Rudolph Heinrich Ruete (1839–1870) geboren. Brandeis wuchs in den großbürgerlichen Kreisen ihrer berühmten Mutter auf und verbrachte eine kosmopolitische Jugend zwischen Hamburg, Berlin, Sansibar, London, Jaffa und Beirut. 1898 heiratete sie Eugen Brandeis (1846–1930), mit dem sie im gleichen Jahr nach Jaluit auf die Marshallinseln ging, wo dieser seinen Posten als Kaiserlicher Landeshauptmann antrat. Vor Ort begann sie, Ethnografika zu sammeln, brachte sich selbst das Fotografieren bei und stellte ethnografische Beobachtungen an. Während eines Heimaturlaubs 1901/02 studierte sie Völkerkunde bei Felix von Luschan (1854– 1924) in Berlin und ließ sich 1906 in der Stadt nieder. Es folgten eine rege Tätigkeit als Autorin ethnologischer und prokolonialer Schriften, die Beteiligung an zahlreichen Kolonialausstellungen sowie ein jahrzehntelanges Engagement in der kolonialen Frauenbewegung. Nach der Scheidung ihrer Ehe 1913 lebte sie zunächst weiter in Berlin und zog dann nach Hamburg, wo sie sich weiterhin prokolonial engagierte. Sie war unter anderem 1926 an der Gründung der Kolonialen Frauenschule in Rendsburg beteiligt. Antonie Brandeis starb am 24. April 1945 bei einem Luftangriff auf Bad Oldesloe. Aus ihrer Sammlung gelangten 1900/01 zahlreiche ethnografische Gegenstände als Schenkung an das damalige Museum für Natur- und Völkerkunde in Freiburg. Weitere Bestände finden sich in Museen in Hamburg, Berlin, Stuttgart und Cambridge (USA). Die ethnografische Sammlung Brandeis’ war von 2020 bis 2022 Gegenstand eines Projekts der Provenienzforschung am Museum Natur und Mensch. Lotharia Müller (1868–1962) wurde am 12. August 1868 in Unterweschnegg/Baden, in der Nähe von St. Blasien geboren. 1891 trat sie in Milwaukee, Wisconsin/USA den Schulschwestern des Hl. Franziskus (School Sisters of St. Francis, SSSF) bei. Über die Hintergründe, wie Lotharia Müller aus einem kleinen Schwarzwaldort dorthin gelangte, ist nichts bekannt. Die Wurzeln der 1874 in den USA gegründeten Kongregation liegen jedoch im nordbadischen Schwarzach, wo seit 1859 ein Kinderheim und eine Schule von Ordensschwestern betreut wurden, die sich dem Franziskanerorden zurechneten. Infolge des Kulturkampfs musste diese Kongregation 1871 aufgegeben werden, und einige der Ordensfrauen wanderten 1873 in die USA aus. Dort gründeten sie sich 1874 in New Cassel/Wisconsin neu und hielten den Kontakt in die Heimatregion aufrecht. Denn es folgten ihnen in den nächsten Jahren offenbar weitere Frauen, die ein Leben als Ordensschwester anstrebten. Von 1895 bis 1901 hielt sich Lotharia Müller in Deutschland auf, wo die Kongregation wieder Fuß zu fassen suchte. Ende 1908 ging sie dann im Auftrag der Kongregation von den USA aus in die Südsee und war vier Jahre lang als Missionarin auf den zu Palau gehörenden Inseln Koror und Babeldaob tätig. Auf Koror arbeitete sie in einer Mädchenschule und auf Babeldaob dann in der neu gegründeten Missionsstation Melegeok. 1913 kehrte Müller in die USA zurück, weil der US-amerikanische Orden aus nationalistischen Gründen von der deutschen Kolonialverwaltung trotz seiner badischen Wurzeln ausgewiesen wurde. Während eines Aufenthalts in Deutschland überließ Müller dem Freiburger Museum 1914 eine Sammlung von ethnografischen Gegenständen und Fotografien, die sie in der Südsee zusammengetragen hatte. Wie sie die Stücke erwarb, ist nicht bekannt. Es existiert jedoch ein Brief an das Mutterhaus, in welchem Müller ethnografische Beobachtungen aus ihrem Umfeld mitteilte. Lotharia Müller verstarb am 6. September 1962 in Campbellsport/Wisconsin.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1