141 125 Werbeschild: »Ruef Kaffee« Hersteller_in: unbekannt 1910–1920: Freiburg/Deutschland, Metall/Emaille, Augustinermuseum, Städtische Museen Freiburg, Inv. H 89/005 Provenienz: 2007 erworben von privat Kaffee Am Beispiel des Kaffees lassen sich Merkmale und Langzeitwirkungen des Kolonialismus sowie die Verflechtungen zwischen Globalem Süden und Globalem Norden aufzeigen, deren asymmetrische Strukturen bis in die Gegenwart fortbestehen. Koloniale Herrschaft initiierte unter lokalen Bevölkerungen komplexe sozioökonomische und kulturelle Wandlungsprozesse, während die kolonialisierenden Gesellschaften von der Ausbeutung profitierten und sich auf Kosten der Unterdrückten als zivilisatorisch überlegen konstruierten. Im Norden des heutigen Tansanias wurde während der Zeit des deutschen Kolonialismus der Kaffeeanbau eingeführt. Für die dort lebenden Washagga resultierte daraus nicht nur ein Wandel ihrer landwirtschaftlichen Praxis, sondern auch die Entstehung von privatem Landbesitz und damit einhergehend einer ökonomischen Elite, was zu sozialen Konflikten führte. Für große Teile der deutschen Bevölkerung wurde um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aus dem exklusiven Genussmittel Kaffee ein erschwingliches Alltagsgetränk, da der Anbau in von Deutschen beherrschten Kolonialgebieten die Importkosten deutlich senkte. Die während der Zeit des deutschen Kolonialismus rasant wachsende Zahl von Kolonialwarengeschäften, wie das der Familie Peter, führte Kaffee im regulären Sortiment. Darüber hinaus entstanden auch fern der Häfen Kaffeeröstereien, wie Ruef in Freiburg, und wurden zu einem lukrativen Wirtschaftszweig. Die mit dem Rösten des Kaffees verbundene Wertschöpfung steht exemplarisch für viele Wertschöpfungsprozesse, die im Globalen Norden stattfinden und auf günstig aus dem Globalen Süden importierten Rohstoffen basieren. Durch den europäischen Kolonialismus wurden Strukturen geschaffen, die bis in die Gegenwart bestehen und durch die Ideologie des billigen Konsums aufrechterhalten werden. Die Herstellung von Konsumgerechtigkeit bedarf der Abkehr von dieser Ideologie und der Initiative Vieler. Ein Beispiel ist die Firma Tee-Peter-Kaffee aus Freiburg, deren Ursprung ein 1883 gegründetes Kolonialwarengeschäft ist. Heute engagiert sich die Firma für fairen Handel mit den Produzent_innen durch Direktimport bei guatemaltekischen Kaffeebäuer_innen. BHI
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