260 267 Reichskolonialuhr mit Weltanzeige Hersteller: Badische Uhrenfabrik Furtwangen (AG) Um 1905: Furtwangen/Deutschland, Holz/Metall, Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen, Inv. 16-0818 Bei der Uhr handelt es sich wohl um eine Vorstudie zu einer verkleinerten Serienversion, die die Badische Uhrenfabrik Furtwangen 1904 auf den Markt brachte. Denn auf beiden Varianten finden sich die gleichen aussagekräftigen Spruchbänder zur deutschen Außenpolitik. Die Inschrift »Kein Sonnenuntergang in unserem Reich« verweist auf die Idee eines weltumspannenden Kolonialreichs, in dem es an jedem beliebigen Zeitpunkt irgendwo auf der Erde hell ist. Dieser imperiale Machtanspruch war ohne eine schlagkräftige Marine nicht zu halten. 1898 rechtfertigte Kaiser Wilhelm II. bei der Eröffnung des Freihafens in Stettin die massive Aufrüstung mit dem Ausspruch: »Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser.« (Büchmann 1986: 388). Das Bildprogramm zeigt das aggressive Wesen des Kolonialismus. Die »friedliche« Handelsflotte machte die wirtschaftliche Expansion in die Kolonialgebiete und die Ausbeutung der Rohstoffe erst möglich. Beschützt wird das Schiff »Handel« von Panzerkreuzern im Hintergrund. An den Masten flattert die Flagge des Deutschen Kaiserreichs. Über allem thront der wehrhafte Reichsadler. Aufschlussreich ist auch die doppelte Zeitanzeige: ganz außen ein herkömmliches Zifferblatt mit den Stunden von 1 bis 12 für die Mitteleuropäische Zeit, innen auf einer neuartigen drehbaren Scheibe mit 24 Stunden die Orts- und Zonenzeiten in den Kolonialgebieten. Denn schon um 1900 genügte es nicht mehr, nur den eigenen Kirchturm im Blick zu haben, sondern die Lebenswelten hatten längst begonnen, sich zu verknüpfen. Für den Hersteller der Uhr gehörte die Globalisierung bereits zum Alltag. Die Badische Uhrenfabrik mit Firmensitz im kleinen Schwarzwaldstädtchen Furtwangen unterhielt damals Filialen in London, Mailand, Zürich und Bombay sowie eine Produktionsstätte in Hongkong. JG
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