Leseprobe

q 26 2 Ausgangslage und Entwicklung deraußenpolitischen Beziehungen liches Geschehen innerhalb der Regierung Renner.32 Zugleich sollten die Beteiligung der KPÖ und ihre prosowjetische Propaganda jedoch unterstützend wirken, um den Einfluss der UdSSR in Österreich zu festigen.33 Da dies jedoch im deutlichem Gegensatz zu den – vor allem durch die Rote Armee verursachten – katastrophalen Versorgungsverhältnissen in der sowjetischen Zone und im bis dahin ausschließlich sowjetisch besetzten Wien stand,34 blieben die kommunistischen Einflüssemit einemstarken negativen Eindruck konnotiert, so dass diese Strategie der UdSSR von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.35 Bereits nach ihrem Einmarsch in Österreich hatten die Armeen der Alliierten die Zivilverwaltung an Österreicher übergeben, innerhalb weniger Wochen errichteteman provisorische Landesregierungen in allen Ländern.36 Mit demersten Zonenabkommen vom9. Juli 1945 wurden die Besatzungszonen endgültig festgelegt.37 Es wurden Militärregierungen installiert, die den Landesregierungen übergeordnet waren. Die vier Militärkommissare – zuständig jeweils für ihre Besatzungszone – stellten als Mitglieder des Alliierten Rates die oberste Gewalt für Österreich dar.38 Wien blieb zunächst ausschließlich sowjetisch besetzt und gehörte damit zu einem der »erste[n] internationale[n] Konfliktherde, die offen militärisch-politische Gegensätze innerhalb der Anti-Hitler-Koalition aufzeigten«.39 Hintergrund war, dass über diemöglichen Versorgungswege der Stadt zwischen den Alliierten – insbesondere zwischen Briten und Russen – Uneinigkeit herrschte.40 Noch im Juli 1945 weigerten sich die Briten, ihren Sektor inWien zu übernehmen und kalkulierten ein, dass dadurch die sowjetische Besatzungsmacht – als bisheriger Alleinversorger der Stadt – immer weiter an Ansehen verlieren würde, »da man alle negativen Seitender Besetzung denRussen anlastenwürde«.41 Der Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen, Marschall Konev, entschloss sich daraufhin zu einem »radikalen Schritt«. Er zog am 1. September aus allen westlichen Sektoren Wiens einseitig die sowjetischen Truppen ab. Noch am gleichen Tag wurden diese von Amerikanern, Briten und Franzosen übernommen. Ob die Einweihung des russischen Befreiungsdenkmals am Schwarzenbergplatz am 19. August 1945 oder die erste gemeinsame Parade der Alliierten an diesem Ort am 23. August 1945, als sich die Vertreter der westlichen Alliierten ausschließlich als »Gäste« bezeichneten, diese sowjetische Entscheidung beeinflussten, ist nicht mehr ganz nachvollziehbar.42 Am 11. September 1945 kam erstmals der seit dem Ersten Kontrollabkommen vom 4. Juli 1945 bestehende Alliierte Rat im Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz, dessen südlicher Teil im April 1946 in Stalinplatz umbenannt werden sollte, zusammen.43 Bis dahin hatten die Alliierten eine »eigenmächtige Zonenpolitik«44 betrieben. Das Ziel der UdSSRwar nun, die Anerkennung der provisorischen Staatsregierung durch die Westmächte und damit die endgültige Legitimation der Regierung Renner durchzusetzen. Nachdemeinemder KPÖ angehörenden Staatssekretär die Aufsicht über die Hauptwahlbehörde entzogen und einem Unterstaatssekretär der ÖVP übertragenwurde, war derWeg für die ersten demokratischen Nachkriegswahlen frei. Am 20. Oktober 1945 wurde die provisorische Regierung unter Karl Renner auch durch die Westmächte anerkannt.45 Die zweite Phase der Besatzungszeit sollte bis zum Zweiten Kontrollabkommen vom 28. Juni 1946 dauern. Entscheidend in diesenMonatenwaren die ersten freien Nachkriegswahlen vom25. November 1945. SPÖ und ÖVP erhielten die Mehrzahl der Stimmen, während für die KPÖ nur gut fünf Prozent der Wähler stimmten. Die drei Parteien bildeten eine Große Koalition unter Leopold Figl (ÖVP), doch schon imKoalitionsabkommenwurde deutlich, dass die Kommunisten ausschließlich »formal an der Regierung« beteiligt waren, an der »Machtausübung auf Bundesebene« aber nicht mitwirkten.46 Vor allem der rapide Ansehensverlust der Roten Armee aufgrund der durch sie verübten Plünderungen, Morde und Vergewaltigungen trugen maßgeblich zum Scheitern der KPÖ bei dieser Wahl bei. Die Partei distanzierte sich zu wenig von diesen Verbrechen und übte kaumKritik.47 In Folge des geringen Rückhalts in der Bevölkerung wurde siemehr undmehr aus dempolitischen Leben gedrängt und verließ 1947 die Regierung.48 Das »Experiment Renner« war aus Stalins Sicht gescheitert,49 und für die UdSSR blieb die Präsenz der sowjetischen Truppen eine Voraussetzung für weitere Verhandlungen um die österreichische Unabhängigkeit.50 Andererseits verursachten die Präsenz der Roten Armee sowie der Regierungsverlust der KPÖ auf Seiten der Österreicher auch die Angst vor Putschversuchen durch die KPÖ.51 Von einer »österreichischen Außenpolitik« kann erst mit der Anerkennung der Figl-Regierung im Januar 1946 und der Entsendung österreichischer Vertreter in

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