Leseprobe

q 44 3 Sowjetische Ehrenmale in Europa der Einweihung des Denkmals am 12. August 1945 auf dem zentralen Hauptplatz war der Ort bereits von der britischen Besatzungsmacht übernommen worden. Zur Umlegung des Denkmals auf einen anderen Platz des Ortes kam es jedoch erst 1958 nach langen Verhandlungen mit dem sowjetischen Botschafter in Österreich. Nach 1990 kam es zu Diskussionen über den Umgang mit dem Denkmal, die jedoch ohne Folgen blieben.85 Es befindet sich nunmehr auf der Liste der denkmalgeschützten Objekte in Bad Radkersburg. Naturgemäß existieren in Österreich auch Grabanlagen und Friedhöfe für die gefallenen Soldaten der Roten Armee, vor allem in den ehemals sowjetisch besetzten Gebieten.86 Jedoch sind diese Gräber nur auf dem Wiener Zentralfriedhof mit eigentlichen Denkmalsanlagen versehen (zwei große steinerne Soldatenfiguren der Roten Armee, die ihre Helme abgenommen und die Fahne gesenkt haben).87 1996 wurde in der Umgebung von Volgograd auf Initiative eines österreichischen Personenkomitees, in dem einige Mitglieder rechtsradikale Gedanken offen äußerten, ein »Denkmal für die Opfer der Schlacht von Stalingrad«88 errichtet, das aus zwei ineinander geschachtelten, zehn Meter hohen Dreiecken aus rostendem Eisen besteht. Die Erbauung wurde in Österreich und Volgograd kontrovers diskutiert, nicht zuletzt auch, weil das aus österreichischen Bundesmitteln finanzierte Projekt eben von prominenten Rechtspopulisten unterstützt wurde.89 Zudem richtete sich die Kritik gegen die Sinngebung des Versöhnungsdenkmals, gegen die »undifferenzierte und unreflektierte Sichtweise der damaligen Ereignisse« von Stalingrad.90 Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR existieren neben den sowjetischen Ehrenmalen in Berlin-Treptow weitere größere Anlagen u. a. in Berlin-Schönholzer Heide sowie auf den Seelower Höhen nördlich von Frankfurt/Oder.91 Das sowjetische Ehrenmal in der Schönholzer Heide gehört zu einem Soldatenfriedhof, auf dem zwischen 11 000 und 13 200 sowjetische Soldaten bestattet wurden. Eingeweiht wurde der Friedhof am7. November 1947. Über die Einweihungsfeier gab es keine Berichte in der Presse der SBZ. Auch wurde aufgrund der ungünstigen Verkehrsanbindung sowie der unmittelbarenNähe zur Berliner Mauer der Gedenkfriedhof in der Schönholzer Heide kaum für Gedenkzeremonien durch den SED-Staat genutzt. Zentrale Figuren der Anlage sind ein Obelisk sowie die Figur der »Mutter Heimat«, die umden vor ihr liegenden gefallenen Sohn trauert. Nur wenige der hier Bestatteten konnten noch namentlich genannt werden. Das ungewöhnliche an diesemEhrenfriedhof ist eine Gedenktafel, die dezidiert an die »Soldaten der Sowjetarmee, die in faschistischen Lagern zu Tode gequält wurden« erinnert. Damit wird hier der Opfergruppe der Kriegsgefangenen gedacht, die bis 1995 in Russland unberechtigterweise als »Deserteure« galten und vollständig ausgegrenzt wurde.92 An den Seelower Höhen, einem Höhenzug im Oderbruch, fand von Februar bis April 1945 eine der letzten großen Schlachten des ZweitenWeltkrieges statt.93 Rund 70 Kilometer vor Berlin gelegen, galten die Seelower Höhen als »Schlüssel für Berlin« und wurden dementsprechend von den deutschen Truppen zäh verteidigt. Bei dieser Schlacht starben vermutlich mehr als 33 000 bis 35 000 Soldaten der Roten Armee.94 Am 27. November 1945 wurde das Denkmal der sowjetischen Bildhauer Lev Kerbeľ und Vladimir Cigal – die auch das Ehrenmal in Tiergarten schufen – eingeweiht. Es zeigt einen »sehr jungen Soldatenmit den Augen eines altenMannes«, der auf einem Steinhügel über den Gräbern der gefallenen Rotarmisten steht.95 In einer Hand hält er das Maschinengewehr vor der Brust, mit der anderen stützt er sich vermutlich auf Teile eines deutschen Panzers bzw. drückt diesen nieder. In der DDR galt die Schlacht um die Seelower Höhen als ein häufig erinnertes Ereignis im Rahmen der »Befreiung vom Hitlerfaschismus« und damit als ein sinnstiftendes Element für das eigene sozialistische Staatsverständnis.96 Im Dezember 1972, anlässlich des 50. Jahrestages zur Gründung der Sowjetunion, wurde auf den Seelower Höhen eine Gedenkstätte eingeweiht, die bis zur »Friedlichen Revolution« 1989 in ihrem Museum ausschließlich die sowjetische Perspektive der Ereignisse um die Schlacht thematisierte.97 Gerade in Brandenburg, in der eine Vielzahl der Kämpfe zwischen deutschen und sowjetischen Truppen stattfanden, finden sich diemeisten Ehrenmale auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Der Umgang mit ihnen nach 1989 variiert sehr stark.98 So schließt das sowjetische Ehrenmal auf demAnger in Frankfurt/Oder an eine ältere Anlage an. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte hier ein Denkmal für die Gefallenen gestanden, das von den Bildhauern Georg und Wilhelm Fürstenberg geschaffen worden war. Die Brüder beteiligten sich dann 1945 ebenso wie der deutsche Architekt Theodor Peißig an demEntwurf und der Erschaffung des sowjetischen Ehrenmals, das am7. November 1947 eingeweiht wurde. Es zeigt einen Soldaten, der vor einem Obelisken mit So­

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