Leseprobe

3.4 Beschreibung der Anlagen und Interpretation ihrer Symbolik 45 q wjetstern steht. Der Soldat verharrt – im Gegensatz zu den Figuren anderer Ehrenmale –mit abweisendemGesichtsausdruck in einer Wachpose, das Maschinengewehr vor der Brust. Wenn die Anlage 1975 auch verändert wurde, so steht sie noch heute an ihrem Platz.99 Auch das »Ehrenmal für die gefallenen Soldaten der 5. Gardearmee« in Dresden auf dem Albertplatz, 1945 in Platz der Roten Armee und 1946 bis 1990 in Platz der Einheit umbenannt, wurde von einem deutschen Bildhauer, Otto Rost (1887–1970), geschaffen und bereits im November 1945 eingeweiht.100 Es zeigt auf einem dreifach gestuften Sockel aus Granit eine Gruppe von zwei Soldaten. Der vordere Soldat hält die Sowjetfahne, während der andere Soldat hinter ihmkniet und einMaschinengewehr im Anschlag hält. Auf den Sockeln werden Reliefs mit militärischen Szenen sowie die bekannten militärischen und politischen Symbole (u. a. Lorbeer, Sowjetstern, Schwert, Gewehr, Hammer, Sichel) gezeigt. 1994 wurde dieses Denkmal innerhalb Dresdens in die Parkanlagen vor dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr versetzt. Bis heute ist am ursprünglichen Standort am Albertplatz eine zweisprachige Tafel zum Gedenken an die Aufstellung des Denkmals angebracht.101 Dagegen kames immecklenburgischenNeustrelitz Mitte der 1990er Jahre zur vermutlich einzigen Denkmalsmontage eines sowjetischen Ehrenmals in der ehemaligen DDR. Nach Verhandlungen zwischen demNeustrelitzer Bürgermeister, dem Innenministerium sowie der russischen Seite wurde am22. Mai 1995 die Figur des Soldaten, die auf dem zentralen Marktplatz gestanden hatte, abmontiert und eingelagert. Auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten war sie im Juni 1945 zunächst aus Holz hergestellt und am 18. November 1945 enthüllt worden. Nach einem starken Sturm imDezember 1949 stürzte die Figur herab und wurde 1954 durch eine Statue aus Eisenguss und Lackfarbe ersetzt. Geschaffen wurden beide Figuren ausschließlich durch deutsche Künstler und Architekten. Vermutlich erfolgte die Aufstellung in Neustrelitz, weil hier bis 1993 in einer der größten Garnisonen 25 000 Soldaten der GSSD stationiert waren.102 Weitere Denkmale mit skulpturalen Darstellungen befinden sich in Brandenburg a. d. Havel, Lübben, Müncheberg und Fürstenwalde.103 Anhand der geschilderten deutschen und österreichischen Beispiele müssen beide Länder außerhalb der hier beschriebenen Kategorien verortet werden. Deutschland und Österreich sind im Umgang mit den dezidiert sowjetischen Denkmalsorten – im Gegensatz zu den von Stefan Troebst in Kategorie I als beispielhaft genannten baltischen Staaten, die den Kommunismus als oktroyiert und fremd ablehnen und dementsprechend die Denkmalsrelikte sowjetischer Herrschaft größtenteils zu tilgen bzw. umzubetten versuchen – zwingenden vertraglichen Verpflichtungen unterworfen.104 Dazu zählen für den deutschen Raum der »2+4- Vertrag«, der »Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken« sowie das »Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über Kriegsgräberfürsorge in der Bundesrepublik Deutschland und in der Russischen Föderation«. Im Falle Österreichs regelt seit 1955 der Staatsvertrag den Umgang mit den sowjetischen Denkmalen. 3.4 Beschreibung der Anlagen und Interpretation ihrer Symbolik Bereits in der Einleitung dieser Untersuchung wurde auf die unterschiedliche Forschungslage und die vielfältigen Forschungsdesiderata im Hinblick auf die Ehrenmale in Berlin undWien hingewiesen. So wurde speziell die kunsthistorische Einordnung der drei Anlagen bislang in einem sehr unterschiedlichen Umfang vorgenommen. ImFalle der Anlage inWien spiegelt sich der geringe Stellenwert der Anlage im öffentlichen Bewusstsein in besonderer Weise auch in der Aufmerksam der Forschung wider. Diese hat sich erst 60 Jahre nach der Einweihung des Denkmals überhaupt der Anlage zugewandt, wobei der Fokus nicht auf einer kunsthistorischen Einordnung liegt. Zumeist sind es Beiträge zur Erbauung und Einweihung der Anlage und ferner eher essayistische Reflexionen über diesen Ort aus verschiedenen Perspektiven.105 Daneben existieren zum Ehrenmal am Schwarzenbergplatz Einträge in verschiedenen kunsthistorischen Lexika, die sich jedoch im Wesentlichen auf die Beschreibung der Anlage beschränken.106 Auf eine vergleichende ikonografische Einordnung wird dabei in aller Regel verzichtet, oder sie erfolgt ausschließlich pejorativ.107 Regelmäßigwidmen sich dagegen kunsthistorische Reiseführer diesem »Paradebeispiel für so-

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