Leseprobe

12 als authentische Zeugnisse und Spiegel des kontemporären kulturellen Lebens (Kat.-Nr. 30 b, 31–34). Allerdings muss man sich der Einschränkung bewusst sein, dass der Großteil der Grabbeigaben fast ausschließlich die Lebenswelt der Eliten repräsentiert. Andererseits gewähren die Darstellungen von Handwerker- oder Landwirtschaftsszenen – sei es in Relief (Kat.-Nr. 14), Malerei oder anhand dreidimensionaler »Modelle« – sowie die literarische Auseinandersetzung mit anderen Gesellschaftsgruppen wichtige Einblicke in das Leben aller sozialen Schichten des Alten Ägypten. Die überreichen materiellen Hinterlassenschaften aus Gräbern, angefangen bei den königlichen Grablegungen in den Pyramiden oder den späteren Felsgräbern im Tal der Könige über Zeugnisse aus den monumentalen Friedhöfen der assoziierten Beamten, Priester und Militärs bis hin zu deren Diener- und Klientelbestattungen bzw. den wiederum bedeutenden Gräbern der herausragenden Handwerker und Künstler, haben unseren Eindruck einer vom Jenseitskult dominierten Kultur geprägt und dazu geführt, dass man vielleicht anhand der altägyptischen Kultur am besten darlegen und erläutern kann, was Jan Assmann in der treffenden und universellen Prämisse zusammengefasst hat: »Der Tod ist Ursprung und Mitte der Kultur.«2 Mit dieser These, deren Verifizierung ihm in seinemWerk Tod und Jenseits im Alten Ägypten äußerst überzeugend gelingt, wird dezidiert auf den Beginn der Menschheitsgeschichte und ihre frühesten kulturellen Zeugnisse verwiesen. Das Reflektieren eigener Sterblichkeit, das Bestatten der Angehörigen und das damit zusammenhängende Bedürfnis, den Kontakt zu den Ahnen zu erhalten und ein jenseitiges Leben anzunehmen sowie in den Gestirnen und Naturgewalten Numina und Götter walten zu sehen, – all dies umkreist den Kulturfaktor »Tod«. In kaum einer anderen Gesellschaft lässt sich dieser »Kulturmotor Tod« so vielfältig fassen wie in der altägyptischen und gleichzeitig darlegen, dass die Alten Ägypter keineswegs »todessehnsüchtig« waren, sondern vielmehr eingebettet in einen sinnstiftenden Götter- und Totenkult mit dem Tod in gewisser Weise versöhnt waren bzw. diesen mit ihren Jenseitsvorstellungen überwunden hatten. Die Faszination für das Alte Ägypten, die die Europäer im 17./18. Jahrhundert zunehmend Abb. 2 Totentempel von Pharao Ramses III. in Medinet Habu, Theben-West

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