39 Zur Geschichte der ägyptischen Bestände der Skulpturensammlung Marc Loth Die Skulpturensammlung Dresden besitzt mit rund 6000 Objekten eine beachtenswerte Kollektion ägyptischer Altertümer der Prädynastischen, pharaonischen und Griechisch-Römischen Zeit. Im Verhältnis zu ihrer Anzahl und Bedeutung haben diese Objekte bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren – sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der Fachwissenschaft. Dies mag einerseits an dem überstrahlenden Glanz der anderen Dresdner Kunstschätze liegen. Nicht unwesentlich wird aber auch die über viele Jahrzehnte unzureichende oder fehlende Präsentation der Aegyptiaca dazu beigetragen haben, wofür als Ursache nicht zuletzt die Platzprobleme infolge des Zweiten Weltkriegs zu nennen sind. Dass die Sammlung keine institutionelle Unabhängigkeit erlangt hat, sondern integrativer Teil der Antiken- und später der Skulpturensammlung blieb, ist bei ihrer Größe verständlich und garantierte ihren Fortbestand. Sicher hätte in Dresden eine Etablierung der Ägyptologie als universitäre Disziplin der Sammlung auch vielfältige positive Impulse geben können. Da es dazu jedoch nie kam, waren es zumeist Ägyptologen aus Berlin und Leipzig, die die Skulpturensammlung Dresden in der wissenschaftlichen Betreuung und Präsentation der altägyptischen Bestände unterstützten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Dresden durchaus einige bekannte Ägyptologen hervorgebracht hat, wie Winfried Barta (1928–1992), Wolfgang Helck (1914–1993) oder Eberhard Otto (1913–1974). Im Folgenden soll die lange und wechselvolle Geschichte der pharaonischen Objekte der Skulpturensammlung als chronologischer Abriss der Erwerbungen, musealen Präsentationen und Publikationen präsentiert werden. Wann erstmalig altägyptische Fundstücke in die Sammlungen der sächsischen Kurfürsten gelangten, ist heute nicht mehr festzustellen. Schon im späten 17. Jahrhundert soll die kurfürstliche Hofapotheke neben altägyptischen Mumien, die seit dem Mittelalter als – sehr teure – Universalmedizin betrachtet wurden, auch weitere kleinformatige Funde besessen haben. Solche archäologischen Objekte sammelten Monarchen als historische Kuriositäten. Klar fassbar werden die Aegyptiaca im Jahr 1733 mit der Veröffentlichung eines Tafelbandes der Antikensammlung in Dresden (Abb. 2) durch Raymond Leplat (1664–1742). Leplat, Generalinspekteur der Königlichen Sächsischen Sammlungen, hatte zuvor viele dieser Objekte im Auftrag Augusts des Starken (1670–1733) in Rom angekauft. Am bedeutendsten waren hierbei die 1728 erworbenen Antiken aus den Sammlungen von Alessandro Albani und Flavio Chigi. Kurz zuvor (wohl um 1723/26) waren bereits Antiken aus dem Antikenkabinett der Brandenburgisch-Preußischen Kunstkammer in Berlin nach Dresden gelangt, vermutlich als Geschenk von König Friedrich Wilhelm I. Unter den zahlreichen Antiken befanden sich auch einige altägyptische Objekte, die sicher nicht nur als zufällige Beigaben betrachtet wurden. Ein ernsthaftes, bisweilen wissenschaftliches, aber auch religiöses und esoterisches Interesse an pharaonischen Fundstücken kann u. a. durch die damals nicht seltenen Fälschungen solcher Gegenstände belegt werden. Bemerkenswert sind ebenso die Zeugnisse der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Hochkultur am Nil, deren prominentestes Beispiel in Dresden der 1724 bis 1731 gefertigte Apis-Altar von Johann Melchior Dinglinger (1664–1731) im Grünen Gewölbe darstellt (vgl. den Beitrag von Syndram in diesem Band). Die Anzahl der um 1730 in der Antikensammlung vorhandenen Aegyptiaca lässt sich nicht mehr exakt bestimmen, auch weil bei einigen später nachzuweisenden Stücken der Erwerbungszeitpunkt unbekannt ist und zudem die damaligen und heutigen Zuordnungen zur pharaonischen Kultur nicht immer übereinstimmen. Trotzdem lässt sich sagen, dass die Sammlung nach Umfang und Qualität eine der wichtigsten im deutschsprachigen Raum war. Abb. 1 David Brandt, Albertinum, Schaudepot, 2010
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