41 könnte somit also deutlich früher nach Dresden gelangt sein. Für einige kleinere, erst am Ende des 18. Jahrhunderts nachweisbare Objekte ist der Erwerbungszeitpunkt unklar. Ein Teil dieser Objekte lässt sich, wie erwähnt, in italienische Sammlungen zurückverfolgen. Ob sie jedoch erst in der Neuzeit Ägypten verließen – wie die Porträtmumien Pietro della Valles – oder bereits in der Antike als Kriegsbeute, Kunstimport oder Kultgegenstand nach Italien gelangten oder in Italien selbst gefertigt wurden, ist oft nicht mehr zur klären. Von 1729 bis 1747 war die Antikensammlung im Palais im Großen Garten in Dresden aufgestellt. Danach zog sie in die vier das Palais umgebenden Pavillons um, die bei Weitem keinen ausreichenden Platz für eine gute Betrachtung boten. Nur unterbrochen durch eine zeitweilige Unterbringung im Residenzschloss (1760–1763) während des Siebenjährigen Krieges blieb diese unbefriedigende Situation bis 1785 bestehen. Johann JoachimWinckelmann (1717–1768), der Begründer der Klassischen Archäologie, schrieb nach seinem Besuch der Antikensammlung in Dresden 1755 auch über die dortigen ägyptischen Objekte. 1785/86 bezog die Antikensammlung das Japanische Palais, das schon zuvor den Sächsischen Kurfürsten als Ausstellungsgebäude diente. Im Saal 10 waren dort fortan mindestens 17 als ägyptisch geltende Objekte zusammen mit Altertümern der Klassischen Antike und aus Mitteleuropa und Asien zu sehen (Abb. 5), während zwei der Löwen-Statuen am Eingang von Saal 2 standen. 1798 veröffentlichte der Numismatiker und Bibliothekar Johann Gottfried Lipsius (1754–1820) eine ausführliche Beschreibung der Antiken-Galerie. Wilhelm Gottlieb Becker (1753–1813), Inspektor der Antikengalerie und des Münzkabinetts, gab 1804 bis 1811 unter dem Titel Augusteum einen dreibändigen Katalog der Antikensammlung mit zahlreichen Tafeln heraus (Abb. 3). In dieser Zeit erlebte auch die Erforschung Ägyptens einen deutlichen Aufschwung. Der Feldzug Napoleon Bonapartes in das Land am Nil (1798–1801) scheiterte zwar militärisch, seine wissenschaftliche Begleitung leistete jedoch einen enormen Beitrag zur Dokumentation der pharaonischen Denkmäler (publiziert in der berühmten Description de l’Égypte, 23 Bände, 1809–1828). Zugleich lieferte er mit der Auffindung des Steins von Rosette (oder Rosetta) den Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen 1822 durch Jean-François Champollion (1790– 1832) und somit zur Begründung der Ägyptologie als universitäre Disziplin (1830). Nicht zuletzt ermöglichte er die Etablierung einer neuen politischen Führung Ägyptens unter dem ehemaligen osmanischen Truppenkommandeur Muhammad Ali Pascha (um 1770– 1849). Dieser vertrieb die britischen Truppen, machte Ägypten de facto vom Osmanischen Reich unabhängig und unternahm große Anstrengungen zur Modernisierung des Landes. Dadurch konnten jetzt europäische Diplomaten und Experten leichter Ägypten bereisen und auch Antiken erwerben und Ausgrabungen vornehmen lassen. Die seit Jahrtausenden anhaltende Verwertung der pharaonischen Hinterlassenschaften wurde für die Ägypter noch lukrativer, da die Europäer für viele Funde von geringem Materialwert hohe Preise bezahlten oder Arbeitskräfte für Grabungen anstellten. Abb. 4 Pietro Della Valle, Eines vornehmen Roemischen Patritii Reiß- Beschreibung in unterschiedliche Theile der Welt [. . .], 198 Abb., Genf 1674
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