53 1 Tempelreliefs mit Darstellungen des Sed-Festes Altes Reich, 5. Dynastie, Regierungszeit von Niuserre, um 2402–2374 v. Chr. Kalkstein, bemalt (a) H. 104,5, B. 50, T. 28,5 cm; (b) H. 54,5, B. 48,5, T. 14,5 cm; (c) H. 49, B. 60, T. 14,5 cm; (d) H. 88, B. 88, T. 20 cm; (e) H. 109, B. 79,5, T. 25 cm; (f ) H. 54,5, B. 32, T. 16 cm Fundort: Abu Gurob, Sonnenheiligtum des Königs Niuserre, 1899–1901 Grabung von Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing (a – c) 1912 und (d – f ) 1934 von demselben, München und Agg, geschenkt Skulpturensammlung, Inv.-Nr. (a) Aeg 742, (b) Aeg 743, (c) Aeg 744, (d) Aeg 745, (e) Aeg 746, (f ) Aeg 747 Die sechs Reliefs stammen aus dem Sonnenheiligtum des Königs Niuserre in Abu Gurob. Sie zeigen Szenen aus den sogenannten großen und kleinen Sed-Fest-Darstellungen. Das erste Relief (a) bildet den König in dem für das Sed-Fest charakteristischen Königsornat ab. Er trägt einen kurzen, meist über dem Knie endenden Mantel mit schulterangeschnittenem Ausschnitt, die Arme sind verhüllt. Den Kopf bedeckt üblicherweise die Weiße oder Rote Krone, die später den Landesteilen Ober- und Unterägypten zugeordnet wurden. In seinen Händen hält er die königlichen Zepter Wedel und Krummstab. Die anderen Reliefs (b – e) stellen Priester und Beamte des Königs dar, die ihn während des Fests, mitunter mit Musik (e), begleiten oder die königliche Sänfte bringen (d). Das Sonnenheiligtum des Niuserre wurde in Abu Gurob, zwischen Abusir und Giza, errichtet. Wie ein Pyramidenbezirk bestand die Anlage aus einem Taltempel im Niltal, dem Haupttempel auf dem terrassierten Hochplateau der Wüste und einem verbindenden Aufweg. Der Haupttempel ist von einer rechteckigen Umfassungsmauer eingegrenzt. In seinem offenen Hof befanden sich ein Opferaltar sowie auf einem etwa zwölf Meter hohen Sockel ein 20 bis 25 Meter hoher Obelisk, d. h. ein Pfeiler mit Pyramidenspitze. Ein überdachter Umgang auf der Süd- und Ostseite führte zum Eingang im Obeliskensockel. Die Wände des Umgangs zeigten die großen Sed-FestDarstellungen und im hinteren Bereich die berühmten Jahreszeitenreliefs, die heute zum Teil in Berlin zu sehen sind. Vor dem Sockeleingang befand sich eine kleine Kapelle mit den kleinen Sed-Fest-Darstellungen. Diese wird als Vestibül mit direktem Zugang zum Obeliskensockel aufgefasst. Die beiden verschieden langen Zugangswege boten also jeweils eine der Streckenlänge angepasste Version des Sed-Festes. Sonnenheiligtümer wurden ausschließlich in der 5. Dynastie erbaut. Sie dienten dem Kult für den Sonnengott Re, seine Frau Hathor und den jeweiligen königlichen Bauherrn zu Lebzeiten und danach. Das Sed-Fest ist als wichtigstes Königsfest von Frühdynastischer bis in die Ptolemäische Zeit belegt. Es diente der Erneuerung der königlichen Macht und wurde in der Regel nach 30 Regierungsjahren gefeiert, danach in kürzeren Abständen. Der genaue Ablauf eines Sed-Festes ist umstritten, da Textquellen hierzu fehlen. Ein verbreiteter Vorschlag lautet: 1. Gründungshandlungen, 2. Besichtigung der Bauarbeiten und Viehzählung, 3. Anfangsprozession, 4. Löwenmöbelfolge, 5. Huldigungsszenen, 6. Min-Folge und Upuaut-Folge mit Festlauf des Königs (Min und Upuaut sind Götter), 7. Viehvorführung und Zuweisung, 8. Fußwaschszene, 9. Bringen und Besteigen der Sänfte sowie 10. Sänftenprozession. Ein zentrales Element ist wohl der Sed-Fest-Lauf, ein Kultlauf, den der König mit der Weißen Krone auf dem Kopf und dem Wedel oder dem mekes in den Händen vollzieht, um seine gute körperliche Konstitution zu demonstrieren. Höchstwahrscheinlich wurde im Sonnenheiligtum des Niuserre kein reales Sed-Fest dargestellt oder gar gefeiert, denn für Niuserre sind keine 30 Regierungsjahre belegt. Außerdem sind im Gegensatz zu anderen Sed-Fest-Darstellungen die Protagonisten abgesehen vom König nicht namentlich bezeichnet. Die Reliefs spiegeln also eher den Wunsch des Königs nach ewiger Herrschaft wider. MG Bibliographie in Auswahl: (a) Bissing/Kees 1928: Bl. 12 Nr. 225; Kat. Dresden 1977: 31 f. Nr. 7; Kat. Leipzig 1989: Nr. 5; Kat. Dresden 1993: 10, 16 mit Abb.; (b) Bissing/Kees 1928: Bl. 7 Nr. 177; Kat. Dresden 1977: 31 Nr. 5; Kat. Leipzig 1989: Nr. 3 mit Abb.; Kat. Dresden 1993: 10, 16 mit Abb.; (c) Bissing/Kees 1928: Bl. 2 Nr. 116; Kat. Dresden 1977: 31 Nr. 3; Kat. Leipzig 1989: Nr. 1; Kat. Dresden 1993: 10; (d) Bissing/Kees 1923: Bl. 15 Nr. 38; Kat. Dresden 1977: 31 Nr. 2, Abb. 8; Kat. Dresden 1993: 10; (e) Bissing/Kees 1928: Bl. 3 Nr. 118; Kat. Dresden 1977: 4, Abb. 11; Kat. Leipzig 1989: Nr. 2; Kat. Dresden 1993: 10; (f ) Bissing/Kees 1928: Bl. 12 Nr. 221; Kat. Dresden 1977: 31 Nr. 6; Kat. Leipzig 1989: Nr. 4; Kat. Dresden 1993: 10 Literatur: Kaiser 1956; Kaiser 1971; Kat. München 2010; Nuzzolo 2018; Voß 2004
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