67 5 Ptolemäische Königin und/oder Göttin? Frühe Ptolemäische Zeit, 332– um 150 v. Chr. Granodiorit H. 41, B. 19,5, T. 15,5 cm Vor 1733 in Rom erworben, angeblich aus der Sammlung Giovanni Pietro Bellori Skulpturensammlung, Inv.-Nr. Aeg 768 Dieses Statuenfragment besteht aus Granodiorit, der bei Assuan an der Südgrenze Ägyptens abgebaut wurde. Es zeigt den Körper einer Frau vom Bereich unter dem Bauchnabel bis zum unteren Drittel der Unterschenkel. Das in Schrittstellung vorn befindliche linke Bein ist geradezu ein Erkennungsmerkmal altägyptischer Kunst. Beide Arme sind nach unten ausgestreckt und liegen eng am Körper an. Die Hände halten jeweils ein anch-Zeichen, die Hieroglyphe für »Leben«. Meist tragen dieses die Götter und überreichen es an den Pharao (Kat.-Nr. 11) oder auch an andere Menschen. Typisch ägyptisch ist auch der rückseitig stehengelassene Steg, der Rückenpfeiler. Auch zwischen den Beinen gibt es einen Steg, der hier aber auch für das Kleid stehen kann, denn der Körper ist nicht nackt. Neben der verlorenen Basis ist insbesondere der Rückenpfeiler der Ort, an dem man eine Inschrift erwarten könnte, welche die Gottheit oder die Person nennt, der die Statue gehört. Der Rückenpfeiler dieses Objekts trägt jedoch keine im Relief ausgeführten Hieroglyphen. Einige Einritzungen in seinem obersten Bereich gehören wohl zu einer antiken oder neuzeitlichen Pseudo-Hieroglyphen- Inschrift. Die aufwendige Glättung der Oberfläche des Hartgesteins und der Stil der Statue sind Grundlage der Datierung in die Ptolemäische Zeit. Sabine Albersmeier weist sie aufgrund von Vergleichsstücken der Königin Arsinoë II. zu. Auch andere Statuen dieser Herrscherin bestehen aus Granodiorit und tragen das eng anliegende Gewand und das anch-Zeichen. Es ist aber weder mit Sicherheit festzustellen, ob die Statue noch zu ihren Lebzeiten oder später gefertigt wurde, noch kann wegen des fragmentarischen Zustands ausgeschlossen werden, dass es sich um die Statue einer Göttin handelt. Arsinoë II. gehört in die Familie der Ptolemäer, die Dynastie griechischsprachiger Pharaonen. Der Makedone Alexander der Große hatte das Perserreich erobert und damit auch die Kontrolle über Ägypten erlangt. Nach seinemTod 323 v. Chr. übernahm sein General Ptolemaios die Herrschaft über Ägypten. Dessen Tochter Arsinoë II. heiratete 279 v. Chr. in dritter Ehe ihren Bruder, den König und Pharao Ptolemaios II. Wohl schon vor ihremTod um 270 v. Chr. wurde sie kultisch verehrt, wozu auch die Aufstellung von Statuen in den Tempeln Ägyptens gehörte. Im frühen 18. Jahrhundert gelangte die hier besprochene Statue nach Dresden. Sie war zu diesem Zeitpunkt zu einer vollständigen Skulptur ergänzt und auf dem Rückenpfeiler mit Hieroglyphen beschriftet (Abb. 1). Diese als antik wahrgenomAbb. 1 Wilhelm Gottlieb Becker, Augusteum. Dresden’s antike Denkmäler enthaltend, Bd. I, Tf. 3, Leipzig 1804
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