87 12 Statuen liegender Löwen 1. Jh. n. Chr. Granodiorit oder/und Granit (a) H. 69, B. 48,5, L. 134 cm; (b) H. 68,5, B. 45, L. 132 cm (a) Fundort: 1644/55 Rom, Vigna Cornovaglia 1728 aus der Sammlung Flavio Chigi, Rom, angekauft; (b) um 1530 Sammlung Paolo Emilio Cesi, Rom 1728 von Alessandro Albani, Rom, geschenkt Skulpturensammlung, Inv.-Nr. (a) Hm 16, (b) Hm 18 Die beiden Statuen gehören zu einer Gruppe von drei gleichartigen Löwenfiguren aus Rom (Inv.-Nr. Hm 16–18). Ihr ägyptischer Charakter wurde schon früh erkannt. Bei dem Material scheint es sich um Granodiorit mit Adern und Einsprengseln von Rosengranit zu handeln, wie er in Assuan vorkommt. Die Körperhaltung und der symmetrische Aufbau sind von altägyptischen Löwenstatuen bekannt. Noch eindeutiger sind die Gestaltung des Kopfes und die schematisierte Wiedergabe der Haare an den Ohren und der Mähne. Die Gesichtsmähne umrahmt das Haupt in einer Reihe von Zotten, während die Halsmähne wie eine Decke auf Brust und Hals aufliegt und sichelartig die Schultern umfasst, wie es bei Sphingen üblich ist (Kat.-Nr. 3 b, 11 c). Typisch ist auch das Aufliegen des Schwanzes auf dem rechten Schenkel. Der Stil der Löwen greift Merkmale des Neuen Reichs wieder auf, die Gestaltung ist aber deutlich vereinfacht, beispielsweise durch Verzicht auf Angabe der Rippen. Daraus wird eine Datierung in das 1. Jahrhundert n. Chr. abgeleitet. Nicht sicher zu klären ist, ob die Löwen bereits in Ägypten oder erst in Rom gefertigt wurden. Im letztgenannten Fall hätten als Vorlage die beiden ptolemäischen Löwenstatuen dienen können, die heute an der Treppe zum Kapitol stehen. Für den ursprünglichen Aufstellungsort der Statuen fehlen sichere Anhaltspunkte. In Ägypten war eine Positionierung im Eingangsbereich von Tempelanlagen üblich. Der Löwe galt als Bild des Pharao, (göttlicher) Wächter und Sonnen- und Horizonttier. Für Rom wurde an eine ähnliche Verwendung gedacht, denn auch dort gab es ja Tempel ägyptischer Götter. Am bedeutendsten war der für Isis auf dem Marsfeld (Iseum Campense), von dem zahlreiche der in Rom entdeckten altägyptischen Statuen stammen. Der Löwe (a) wurde um 1644/55 amWestabhang des Monte Celio gefunden, wo einst der Tempel des vergöttlichten Kaisers Claudius (Claudianum) stand. Die andere (b) und eine weitere Statue sind erstmals um 1530 im Garten der Villa von Paolo Emilio Cesi nachweisbar, die unweit vom Circus des Claudius lag. Eine Herkunft aus den genannten antiken Anlagen bleibt aber reine Vermutung. Der Löwe (a) gelangte bald nach seiner Entdeckung in die Sammlung Chigi und wurde aus dieser 1728 für Dresden angekauft. Die beiden Löwen aus der Villa Cesi kamen über die Sammlung Ludovisi schließlich in die Sammlung Albani und wurden den dort 1728 gekauften Antiken als Geschenk hinzugefügt. Die antike Wächterfunktion der Löwen wurde an ihren verschiedenen Aufstellungsorten in Dresden oft fortgesetzt und wird auch in Zukunft erkennbar bleiben. In der Neuzeit haben Bildhauer für ihre Löwenskulpturen gern pharaonische Exemplare als Vorlage benutzt. Dies lässt sich auch für die Dresdner Löwen belegen. Je ein Paar aus Stein und Ton bewachten die Treppe zur Brühlschen Terrasse (jetzt im Großen Garten) und den Eingang zum Großen Garten (Gottlob Christian Kühn 1814). Eugen Kircheisen schuf zwei ursprünglich geflügelte Gusseisenlöwen für Kunstakademie und Ausstellungsgebäude (1887–1894) an der Brühlschen Terrasse. Bereits 1801 wurden Abgüsse der Dresdner Löwen gefertigt, die für die Fertigung der Ofenaufsätze im Festsaal des Weimarer Stadtschlosses benutzt wurden. Und auch den Leipziger Löwenbrunnen (Johann Gottfried Schadow um 1820) zieren zwei Bronzelöwen nach den Dresdner Vorbildern. ML Bibliographie in Auswahl: (a) Leplat 1733: Tf. 188 oben; Kat. Dresden 1977: 37 Nr. 34, Abb. 84, 85; Borbein u. a. 2006: 63 f. Nr. 85 mit Abb.; Kat. Dresden 2011: Bd. 1, 116 Tf. 16, Bd. 2, 1048–1050 Nr. 253, 1052–1054, 1056; Kat. Dresden 2020 b: 90, 91 Abb.; (b) Leplat 1733: Tf. 188 unten (?); Kat. Dresden 1977: 37 Nr. 36; Borbein u. a. 2006: 63 f. Nr. 85 mit Abb.; Kat. Dresden 2011: Bd. 2, 1052–1056 Nr. 255; Kat. Dresden 2020 b: 90 mit Abb. Literatur: Bothe 2000; Müller 1965; Rother 1994; Zschoche 1988
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1