Leseprobe

91 13 Zylindergefäße mit den Namen von Pepi I. und Pepi II. Altes Reich, 6. Dynastie, (a) Regierungszeit von Pepi I., um 2276–2228 v. Chr.; (b) Regierungszeit von Pepi II., um 2216–2153 v. Chr. Travertin (a) H. 14,8, Dm. 11,7 cm; (b) H. 19,5, Dm. 11,2 cm 1910 von Ernst von Sieglin, Stuttgart, geschenkt Skulpturensammlung, Inv.-Nr. (a) ZV 2600 E 002, (b) ZV 2600 E 001 Die beiden hohen, zylinderförmigen Gefäße aus Travertin sind mit den Namen der Pharaonen Pepi I. (a) und Pepi II. (b) beschriftet. Das erste Gefäß (a) ist elegant geschwungen, mit einem weit auskragenden Gefäßrand gearbeitet und mit drei senkrechten und einer waagerechten Inschriftenzeile versehen. Sie enthalten zwei der fünf Königsnamen. Zuerst erscheint auf der rechten Seite der Titel »König von Ober- und Unterägypten«, ihm folgt im Oval (Kartusche) der sogenannte Thronname »Geliebter des Re«. Mittig wurde der Horusname angebracht »Geliebter der Beiden Länder«. Der Horusname zeigt den Himmelsgott Horus als Falken auf einem Palast, der die Namenshieroglyphen enthält, und verbindet damit den König mit diesem Gott (Kat.-Nr. 11 d). Auf der linken Seite steht »Erstes Sed-Fest«. Darunter liest man waagerecht zweimal »Dem Leben gegeben sein möge, ewiglich«, und zwar in spiegelgleicher Anordnung. Die in der Mitte nur einmal vorhandene Hieroglyphe für »geben« ist bei jeder der beiden Inschriften mitzulesen. Die Inschrift wird eingefasst von zwei seitlichen was-Zeptern, die vermutlich für Herrschaft stehen und auf denen oben die Himmelshieroglyphe ruht, sowie von einer unten abschließenden Linie, der sogenannten Standlinie. Die in den Stein geritzte Inschrift zeigt noch Reste der ursprünglichen blauen Farbe, mit der der Text hervorgehoben werden sollte. Das zweite Gefäß (b) trägt zwei senkrechte Inschriftenzeilen: Auf der linken Seite steht nach dem Titel »König von Ober- und Unterägypten« in der Kartusche der Thronname Nefer-ka-Re »Mit vollkommener Ka(-Seele), ein (Sonnengott) Re« sowie »der leben möge ewiglich«. Gegenüber ist der Horusname eingeritzt: »Mit göttlichen Erscheinungen«. Der untere Teil dieser Inschrift ist verloren. Auch hier ist die Inschrift von zwei was-Zeptern, der Himmelshieroglyphe und der Standlinie eingerahmt. Beide Gefäße sind mehrfach zerbrochen und wurden restauriert. Sie enthielten wahrscheinlich kostbare Öle, die während des Sed-Festes verwendet wurden. Die Herkunft der Gefäße ist leider unklar. Es ist jedoch zu vermuten, dass sie aus den jeweiligen Totentempeln der Könige in Sakkara stammen. Bei Ausgrabungen im Totentempel von Pepi II. traten neben Gefäßen dieses Königs auch welche von Pepi I. mit Nennung des Sed-Festes auf. Zylinderförmige Gefäße sind in Ägypten bereits seit Vor- und Frühdynastischer Zeit in Ton und unterschiedlichen Gesteinsarten belegt. Die hier auftretende Form wurde aber erst seit der 5. Dynastie benutzt. Travertin war im Alten Ägypten ein äußerst beliebter Stein für die Gefäßherstellung. Er lässt sich leicht bearbeiten und dabei sehr dünnwandig ausformen, wobei die Steinäderung als dekoratives Element ästhetisch hervortritt (Kat.-Nr. 32 c, 33 c). Bei dem Sed-Fest handelt es sich um ein Königsfest, das der Pharao zum ersten Mal nach 30 Jahren Regierungszeit feierte. In den folgenden Jahren waren die Abstände zum Begehen des Festes kürzer. Auch wurden nicht immer die 30 Jahre eingehalten, d. h. das Fest konnte auch früher begangen werden. Es diente der Erneuerung der königlichen Macht und der Regeneration der physischen Kräfte des Pharao (Kat.-Nr. 1). MG Bibliographie in Auswahl: (a) Pagenstecher 1913: 174, Tf. 2 Nr. 5; Kat. Dresden 1977: 55 Nr. 187, Abb. 23; Kat. Leipzig 1989: Nr. 116 mit Abb.; (b) Pagenstecher 1913: 175, Tf. 2 Nr. 14; Kat. Dresden 1977: 55 Nr. 188, Abb. 22; Kat. Leipzig 1989: Nr. 117 mit Abb. Literatur: Arnold/Pischikova 1999; Von Beckerath 1999

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