115 20 Mumien eines Mannes und einer Frau mit Mumienporträt und Leichentuch Späte Römische Zeit, spätes 3. bis Mitte 4. Jh. n. Chr. Leinen, Stuck, bemalt und vergoldet, mumifizierter Leichnam (a) H. 175, B. 40, T. 29,5 cm; (b) H. 164, B. 37,5, T. 29 cm Fundort: Sakkara, 1615 von Pietro della Valle gefunden 1728 aus dem Nachlass von Filippo Antonio Gualtieri, Rom, angekauft Skulpturensammlung, Inv.-Nr. (a) Aeg 777, (b) Aeg 778 Die beiden berühmten Mumien mit den Porträts eines Mannes und einer Frau stammen aus der späten Römischen Zeit. Sie wurden 1615 vom italienischen Forschungsreisenden Pietro della Valle aus Sakkara mitgebracht und sind damit die wohl frühesten in Europa nachzuweisenden altägyptischen Mumien. Während die Leinenbandagen und das aufwendig dekorierte und mit Blattgold belegte Leichentuch des Mannes sehr gut erhalten sind, ist das Tuch der weiblichen Mumie stark beschädigt. Oben bilden die Leichentücher die Verstorbenen in der Tracht der Lebenden ab. Beide tragen ein goldenes Diadem auf dem Kopf sowie einen Chiton, das griechische Untergewand mit Textilstreifen, den sogenannten Clavi. An den Clavi der Frau ist beidseitig ein breites Schmuckband befestigt. Dieses ist besetzt mit großen blauen und roten Steinen in Goldeinfassung. Darunter befindet sich der Kopf der Medusa, der an dieser Stelle als magisches Schutzsymbol fungiert. Die Brust des Mannes umschließt schützend die ägyptische Geiergöttin Nechbet. Die Verstorbenen tragen in der rechten Hand ein griechisches Spendegefäß: er einen Kantharos mit Wein, und sie die einhenkelige Lekythos für Öl. Die linken Hände halten vermutlich den »Kranz der Rechtfertigung«, ein Totenkranz, der die glücklich überstandene Prüfung des Totengerichts und den Übergang ins Totenreich anzeigt. Während der Mann Fingerringe trägt, ist die Frau mit aufwendig gestaltetem, buntem Hals- und Brustschmuck sowie Arm- und Fußbändern und Fingerringen versehen. Die griechische Inschrift unter dem rechten Arm des Mannes lautet »ΕΥΨΥΧΙ« (Eupsychi), d. h. »Lebe wohl!« Auf der unteren Körperhälfte sind die Gewänder beider Personen großflächig von einem aufgemalten Perlennetz bedeckt (Kat.-Nr. 24). Die Bildelemente darin haben mythologischen und dekorativen Charakter und lassen sich ebenso auf altägyptische als auch griechisch-römische Traditionen zurückführen. Interessant ist ein kleines, metallenes Siegel an der linken Seite der männlichen Mumie, welches das Zeichen der Mumifizierungswerkstatt trägt. Derartige Siegel können auch aus ungebranntem Nilschlamm oder Wachs bestehen. MG Die Schädel und die unteren Extremitäten der beiden gestreckt auf dem Rücken liegenden Mumien sind gut erhalten, jedoch wurden viele Knochen der Rumpfskelette und der Arme nach dem Tod in ihrer anatomischen Lage gestört (Abb. 3 a – b). Zahlreiche Knochen wurden postmortal, wohl im Zuge von Ausgrabung oder Transport gebrochen, bei der männlichen Mumie vermutlich auch nach der Öffnung der textilen Umhüllung vor Ort in Ägypten. Von beiden Mumien sind nur sehr wenige Organreste erhalten. Die schlechte Körpererhaltung machte sichere Aussagen zur genauen Technik der künstlichen Mumifizierung unmöglich. Radiologische Hinweise auf eine Gehirnentnahme über die Nase fanden sich nicht. Bei den unterschiedlich röntgendichten Materialien in den Schädeln handelt es sich um Knochenteile und vermutlich Sedimentanreicherungen. Im Oberkörper des Mannes fand sich ein Gemenge aus Knochen, Sedimenten und wohl Pflanzenresten (Abb. 1). Mit der gebotenen Vorsicht angesichts der schlechten Körpererhaltung wird vermutet, dass den Körpern mithilfe von Natronsalz Wasser entzogen wurde, wie dies im Alten Ägypten üblich war. Gehirn und Organe wurden eher nicht entnommen, worauf auch die Vergleichsanalyse mit einer dritten Mumie des gleichen Mumientyps aus Sakkara hindeutet. Eine Verwendung röntgendichter harziger Balsamierungssubstanzen ließ sich nicht nachweisen. Die beiden metalldichten Objekte im Inneren der männlichen Mumie wurden radiologisch als Siegel der Balsamierer aus der Mumifizierungswerkstatt identifiziert. Sie waren ursprünglich vermutlich auf der äußeren Textillage befestigt
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