Leseprobe

169 34 Schmuck (a – d) Neues Reich – Spätzeit, um 1539–332 v. Chr.; (e – f ) Neues Reich (?), um 1539–1077 v. Chr. (a, c – e) Fayence; (b) Karneol, Stein, Fayence; (f ) Karneol (a) L. 39 cm; (b) L. 19 cm; (c) L. 16 cm; (d) L. 44 cm; (e) H. 2,3, B. 1,2, T. 2,2, Dm. 1,6 cm; (f ) Dm. 1,3, T. 0,3 cm (a – d, f ) 1881 aus dem Nachlass von Carl Gemming, Nürnberg, angekauft; (e) 1831 von Alessandro Ricci, Florenz, angekauft Skulpturensammlung, Inv.-Nr. (a) Aeg 137, (b) Aeg 140, (c) Aeg 142, (d) Aeg 152, (e) Aeg 176, (f ) Aeg 124(1) Die vier Ketten bestehen überwiegend aus Fayence-Elementen unterschiedlicher Form. Sie sind modern aufgefädelt und daher willkürlich oder nach Vorbildern zusammengesetzt. Ohne Fundkontext ist es somit schwierig, diesen Schmuck zu datieren. Die erste Kette (a) enthält 19 Amulette in Form des djed-Pfeilers. Dieser stellt nach altägyptischer Vorstellung die Wirbelsäule des Totengottes Osiris dar (Kat.-Nr. 7 b, 25). Er bedeutet »Dauer«, »Stabilität« und »Beständigkeit«. Jeder Verstorbene wollte als Osiris im Totenreich wieder auferstehen. Die zweite Kette (b) besteht aus neun Herzanhängern, sieben aus einem dunklen Stein, einer aus Karneol und einer aus blau-grüner Fayence. Das Herz stellt Schutz und Ersatz für das reale Herz dar, es symbolisiert die Lebenskraft des Verstorbenen und soll sein Fürsprecher im jenseitigen Totengericht sein (Kat.-Nr. 23 c, d, 25, 29). An der Kette (c) hängen acht unterschiedlich große Papyrusstängel oder -säulen. Die Hieroglyphe Papyrus wadj bedeutet auch »grün«, »frisch« und »jugendlich«. Der Papyrus kann daher die Verjüngung des Verstorbenen im Totenreich symbolisieren (Kat.-Nr. 25). Die vierte Kette (d) trägt 14 der vom Alten Reich bis in die Römische Zeit äußerst beliebten udjat-Augen-Anhänger. Das Wort udjat wird als »das Unverletzte, Unbeschädigte, Vollständige« übersetzt. Es stellt das Auge des Gottes Horus dar, welches beim mythischen Kampf mit seinem Onkel Seth verletzt und durch den Gott Thot wieder geheilt wurde (Kat.-Nr. 7, 11 c, 25). Bei den Ketten (a – c) fungieren als Zwischenelemente jeweils zwei Röhrenperlen mit einer mittig eingesetzten runden Perle. Bei Kette (d) wurden ausschließlich Röhrenperlen verwendet. Diese gehören wahrscheinlich nicht zu Ketten, sondern zu einem Mumiennetz (Kat.-Nr. 24). Es war zwar üblich, dass die Amulette mit Verbindungsgliedern zusammengefügt wurden, doch ist die ursprüngliche Verwendung der Amulette an den modern zusammengestellten Dresdner Ketten heute unbekannt. Die Ringplatte von Fayenceringen (e) wurde gern als udjat-­ Auge gestaltet. Solche Ringe sind charakteristisch für das Neue Reich und wurden massenhaft in el-Amarna gefunden, der Hauptstadt Ägyptens in der Zeit der Könige Echnaton bis Tutanchamun. Interessant sind die kleinen Ringe mit einem schmalen Durchbruch (f ), die als Ohr-, Haar- oder Kleiderringe bezeichnet werden. Es ist unklar, ob sie durch ein Ohrloch gesteckt wurden, mit der Öffnung nur am Ohrläppchen befestigt wurden, als Haar- oder Perückenringe einzelne Locken oder als Kleiderringe die Gewänder zierten. Schmuck war im dies- und jenseitigen Leben der Ägypter allgegenwärtig. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer und Kinder trugen ihn. Stirnbänder, Haarkränze und anderer Haarschmuck, Halskragen und -ketten, Ohr- und Fingerringe, Arm- und Fußbänder sowie Schmuckgürtel waren dabei keineswegs nur dekorativ. Die Schmuckstücke zeigen nämlich neben neutralen Formen (z. B. Perlen) auch gern figürliche und sollten als Amulett Übel abwehren und dem Träger Lebenskraft, Schutz und Gesundheit im Diesseits sowie Regeneration und Wiederauferstehung im Jenseits garantieren. Dabei spielten oftmals auch die Farbe und andere Eigenschaften des Materials eine Rolle und wurden mit spezifischen Bedeutungen verknüpft. Beispielsweise standen Blau und Grün für Erneuerung und Regeneration, Rot für die Sonne oder Blut. MG Bibliographie in Auswahl: (a) Hettner 1881: 142 Nr. 126; Kat. Leipzig 1989: Nr. 178; Kat. Dresden 1993: 37 Abb.; (b) Hettner 1881: 137 Nr. 35, 142 Nr. 121; Kat. Dresden 1977: 64 Nr. 310; Kat. Leipzig 1989: Nr. 179; Kat. Dresden 1993: 37 Abb.; Kat. Dresden 1995: 18 Nr. 1.01.14; (c) Hettner 1881: 142 Nr. 116; Kat. Dresden 1977: 64 Nr. 306; Kat. Leipzig 1989: Nr. 180; (d) Hettner 1881: 144 Nr. 172; Kat. Leipzig 1989: Nr. 176; (e) Hettner 1881: 138 Nr. 53; Kat. Dresden 1977: 53 Nr. 171; Kat. Leipzig 1989: Nr. 184; (f ) Kat. Dresden 1977: 52 Nr. 165; Kat. Leipzig 1989: Nr. 188 a Literatur: Andrews 1990; Kat. Berlin 2015; Kat. Hildesheim 2006

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