Leseprobe

9 schickt. Die Kanzlerin lässt sich aber nicht beirren und behält die traditionelle Linie der militärischen Zurückhaltung bei, stellt als Zeichen der Solidarität jedoch sechs Aufklärungsflugzeuge zur Verfügung. Die Bündnispartner müssen das Ausweichmanöver zähneknirschend akzeptieren, zumal die Deutschen der drittgrößte Truppensteller am Hindukusch sind. Die International Security Assistance Force Mission (ISAF) in Afghanistan ist nicht der einzige Auslandseinsatz, den Angela Merkel von ihrem Vorgänger übernimmt. Deutsche Soldaten sind auch unter der US-geführten Operation Enduring Freedom (OEF) im Indischen Ozean beteiligt sowie an den von der NATO geführten Einsätzen im Kosovo (KFOR) und im Mittelmeer (Active Endeavour), dem EU-Einsatz in Bosnien (Althea) und stellen unter UN-Flagge Beobachter im Sudan (UNMIS). 2006 kommt die Beteiligung an den UN-Missionen vor der Küste Libanons (UNIFIL) und der EU-Mission zur Überwachung der Wahlen im Kongo (EUFOR RD Congo) hinzu. 2008 folgt der EU-Antipirateneinsatz vor der somalischen Küste Atalanta, ab 2013 schließlich eine UN- und eine EU-Mission im westafrikanischen Mali (MINUSMA, EUTM), um hier nur die wichtigsten Beispiele zu nennen. Deutsche Soldaten sind also auf drei Kontinenten im Einsatz und dies immer im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit, also der UN, der NATO oder der EU. Das Bundesverfassungsgericht legte diesen Rahmen 1994 gemäß Grundgesetz so fest. Mit dabei zu sein, in allen drei großen internationalen Organisationen mitzuspielen, um sich so Einfluss zu sichern, ist einer der wesentlichen Gründe, warum sich Deutschland an Out-of-area-Operationen beteiligt. Deshalb hat man in der NATO Gewicht und kann einflussreiche Positionen besetzen. Und deshalb gelingt es, alle sieben Jahre einen der nichtständigen Sitze im UN-Sicherheitsrat einzunehmen – so wie 2003/04 und erneut 2011/12. Afghanistan Zu Beginn der Ära Merkel gibt es keine großen Debatten über die Bundeswehr und ihre Mandate. Das Parlament verabschiedet diese stets mit großer Mehrheit. Die Missionen scheinen mit den Maximen der deutschen Sicherheitspolitik »Nie wieder« und »Nie wieder allein« gut vereinbar. Es geht stets um Wiederaufbau und Stabilisierung im Verbund mit den internationalen Partnern. Während es in Bosnien und im Kosovo ruhig bleibt, die Überwachung der Wahlen im Kongo rasch abgeschlossen werden kann und die UNIFIL-Mission vor der Küste des Libanon an Ereignisarmut kaum zu übertreffen ist, verschlechtert sich seit 2006 die Lage in Afghanistan. Im Süden Eine Soldatin im Rahmen der Mission UNIFIL auf der Korvette Oldenburg im Hafen von Beirut, Libanon 2019

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