Leseprobe

233 2 Törichte Jungfrau Kalksteinskulptur vom Lettner des Hamburger Doms Ende 13. Jahrhundert MHG, Inv.-Nr. AB551 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden viele Gemälde aus dem Besitz von Institutionen und Privatpersonen sowie Kirchenaltäre, die während des Krieges ausgelagert waren, von der Militärregierung imMuseum zusammengeführt. Sie wurden dort zum Teil auch restauriert, während der neue Direktor, Walter Hävernick, sich eher eine Konzentration auf die Sammlung des Museums wünschte. Theodor Sachse, ein ehemaliger Modellbauer und freiberuflicher Gemälderestaurator, war ab 1948 dann auch nur für das Museum tätig und auf die Gemälderestaurierung spezialisiert. Bis in die 1960er-Jahre waren ihm die anderen Werkstätten, in denen sowohl handwerklich als auch restauratorisch gearbeitet wurde, unterstellt. Gleichzeitig wurden die »Werkmeister« und »Werkmeistergehilfen« für den Ausstellungsaufbau und Aufsichtsdienst herangezogen. Walter Hävernick, in Personalunion Museumsdirektor und Leiter des Instituts für Volkskunde der Universität Hamburg, setzte für Restaurierungsarbeiten auch seine Studenten ein, die vorrangig daran interessiert waren, Objekte in einen sauberen, blanken Zustand zu bringen. Herstellungs- und Gebrauchsspuren wurden dabei vernichtet. Georg Kawohl, der 1960 ins Museum kam, war vorher als Kunst- und Goldschmied tätig. In seinem 15 Quadratmeter großen Arbeitsraum fand er Schmirgelpapier, Petroleum, Waffenöl, Sidol und Ata als Restaurierungsmaterial vor und war entsetzt. Kawohl bildete sich fort, vernetzte sich mit den Hamburger Restauratoren, arbeitete mit der Gewerkschaft zusammen und erkämpfte sich allmählich eine wissenschaftlichere Vorgehensweise. Professionalisierung und Spezialisierung In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde zunehmend Kritik am Umgang mit dem Sammlungsgut und seinem Erhaltungszustand laut. Berufsverbände für Restauratoren gründeten sich und forderten neben einem Berufsschutz eine mehrjährige Ausbildung auf Hochschulniveau, die sich auf die verschiedenen Materialbereiche spezialisiert. Schon 1942 hatte sich der Beirat für Kunst- und Kulturangelegenheiten über Restaurierungsarbeiten an Kunstwerken und die Ausbildung von Restauratoren informiert. Es wurde vorgeschlagen, ein Lehrgebiet für die Erhaltung von Kunstwerken an der damals so genannten Hansischen Hochschule für bildende Künste einzurichten. Die praktische Ausbildung zum Restaurator sollte in den Werkstätten des MHG durchgeführt werden. Die Kulturbehörde griff die Thematik Jahrzehnte später wieder auf und setzte unter Beteiligung der angestellten Restauratoren Arbeitsgruppen für die Materialbereiche Gemälde, Textil, Grafik, Möbel und Objekte ein. Sie untersuchten, ob für die Hamburger Institutionen zentrale Restaurierungswerkstätten eingeführt werden sollten. In Vorbereitung wurden alle Objekte gezählt und den verschiedenen Restaurierungsfachbereichen zugeordnet. Ein großer Mangel an Personal, Ausstattung, Depots und Ausbildung wurde festgestellt. Gefor-

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