Leseprobe

20 Bischofssitz in Meißen zur Bischofsburg Stolpen – ihren Ursprung imMittelalter. Die Anlage weiterer Straßen erfolgte maßgeblich im 18. Jahrhundert und wurde im 19. Jahrhundert zum Raster verdichtet. Hinsichtlich der Bebauung fällt auf, dass Nebenstraßen (Böhmische, Sebnitzer oder Förstereistraße) eine schlichtere Bebauung erhielten, kontrastierend zu den opulenteren Fassadengestaltungen entlang der Hauptachsen (Bischofsweg, Bautzner und Königsbrücker Straße; auch Louisen- und Rothenburger Straße), die das ›tragende städtebauliche Gerüst‹ der Äußeren Neustadt bilden.20 Vor allem die Königsbrücker Straße 54–62 oder die aufwändig gestalteten Schaufassaden des Bischofswegs 30 und 60–64 (Nr. 60 Abb. 9, Nr. 64 Abb. 10) belegen dies. Dabei sticht die Königsbrücker Straße 56 (Abb. 11) als eines der formreichsten Mietshäuser der Äußeren Neustadt in besonderer Weise hervor. Für den Bischofsweg ist hervorzuheben, dass diese Hauptstraße entlang des Alaunparks nur einseitig bebaut wurde – mit Blick auf den ehemaligen Exerzierplatz unterhalb des überragenden, nicht erhaltenen Repräsentationsbauwerks der Schützenkaserne. Hier ging es in besonderer Weise um ›Sehen und Gesehen werden‹ – auch die Architektur betreffend. Den stärksten Kontrast zu den repräsentativen Fassaden der Hauptstraßen bilden die explizit für die Arbeiterschicht errichteten Reihenhäuser der Sebnitzer Straße 27 –31 (Architekt Hermann August Richter, Vertreter Semper-Nicolai-Schule; Abb. 12). Bis auf hervorgehobene, einfache Fensterrahmungen und reduzierte Gesimsformen wurde auf jegliche Gestaltung der Fassaden verzichtet. Als Bauten eines Wohltätigkeitsvereins stellen sie innerhalb der Äußeren Neustadt eine Ausnahmeerscheinung dar, da vor 1900 sozialer Wohnungsbau eher privaten Initiativen überlassen wurde.21 Städtebauliche Akzente bilden Eckbebauungen. Aufgrund ihrer Abschluss- und Scharnierfunktion angrenzender Straßenzüge weisen sie häufig aufwändige/re Gestaltungen auf und bilden einen besonderen ›städtebaulichen Reiz des Wohngebietes‹, bieten Orientierung und geben der Struktur enormen Halt.22 Trotz ihrer exponierten Stellungen weisen die Eckgebäude – je nach Haupt- oder Nebenstraßenlage – nicht die gleiche Qualität auf. An den Ecken Förstereistraße (Nr. 44 Abb. 13) und Bischofsweg (Nr. 18 Abb. 14) stehen sich zwei konträre Fassaden gegenüber. Bereits die Sockelzonen der ähnlich gestalteten Baukörper heben sich gestalterisch voneinander ab. Während an der Förstereistraße 44 mithilfe durchlaufender Bänder im Verputz lediglich eine Art Rustika artikuliert wurde, weist die Sockelzone des Bischofswegs 18 eine kräftige Bossierung mit vereinzelten Diamantierungen auf. Die Fensterbekrönungen der Förstereistraße 44 beschränken sich auf wenige Dreiecksgiebel mit eingefassten Abb. 11 Königsbrücker Straße 56: Die Fassade weist eine durchdringend neobarocke Gliederung auf

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