71 Um das gesamte Konzept zu verstehen, ist es wichtig, nicht nur die einzelnen Fassaden der Häuser der Dresdner Neustadt zu betrachten, sondern auch die unmittelbar an sie anschließenden Gebäude. Viele Bauten gehen mit ihren Nachbarhäusern einen Verbund ein und sind daher nicht ausschließlich als einzelnes, für sich stehendes Bauwerk zu betrachten. Mit den erstellten zweidimensionalen Schemata gelingt es, die Gliederungen in der Horizontalen oder Vertikalen darzustellen. Es ist wichtig zu wissen, dass die Betonung der horizontalen Zonen und vertikalen Achsen nicht als ›Reinformen‹ der Gestaltung zu sehen sind: Die senkrechten und waagerechten Gestaltungselemente schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können teils mehr, teils weniger deutlich ineinandergreifen. Jede Fassadengliederung ist daher als ›Zusammenspiel‹ von Horizontalen und Vertikalen zu sehen. Vielfach werden durch Strukturelemente, wie Fensterrahmungen, horizontale Gurtgesimse, vertikale Pilaster u.v.m. eine gestalterische ›Ausgewogenheit‹ bzw. eine Balance erreicht, die in einem gewissen Spielraum mal mehr das Horizontale, mal mehr das Vertikale betonen kann. Allein schon städtebaulich ist es nachvollziehbar, dass Eckgebäude vorzugsweise vertikale Betonungen, in lange Fluchten integrierte Fassaden eher horizontale Gliederungen erhalten konnten. SB/ME / LJ Gestaltungselemente und -modi Die folgenden Abschnitte stellen die horizontalen und vertikalen Gliederungselemente im Einzelnen vor. Anschließend werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie solche Gliederungselemente in einem Fassadenaufbau zusammenwirken können oder auch über mehrere Fassaden imVerbund stehen, um größere architektonische Zusammenhänge auszubilden. SB Horizontale Gliederungselemente | Sockel/Rustizierungen: Die Erdgeschosszonen der Fassaden wurden in großer Zahl mit Sockelgestaltungen aus Werksteinmauerwerk gestaltet. Die Sockelzonen sind horizontal gelagerte Gestaltungselemente, die sich insbesondere durch das Zusammenwirken in den Straßenfluchten bemerkbar machen. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die oft flächendeckende Natursteinqualität mit zumeist kräftigen Rustizierungen oder gar roh wirkendem Bossenmauerwerk: Horizontale Fugenbilder wurden oft tief in die Oberflächen eingeschnitten, die so das ruhende Lagern des schweren Steinmaterials verdeutlichen. | Gebälke/Traufgesimse: Eines der horizontalen Hauptelemente ist das Gebälk oder Gesims, das unterhalb der Dachtraufe die Fassadenfläche oben abschließt. Regelrechte Gebälke, dreigeteilt mit Architrav, Fries- und Gesimszone, zeichnen sich durch eine enorme Mächtigkeit aus. Es handelt sich um ein horizontales Fassadenelement, dass kräftig gestaltet, mitunter weit ausladend und auflastend die Fassade wie eine Kopfzone abschließt. Bei historistischen Fassaden wurde diese Gebälkform häufig etwas vereinfacht: Der eigentliche Architrav als untere Zone des Gebälks wurde nicht selten als mäßig kräftiges Gesims ausgebildet. Abb. 95 Kamenzer Straße 45: Das kräftige Gesims aus Sandstein schließt die Fassadenfläche ein und bietet Halt
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